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Kamerun - Afrika

Erneuter Überfall in Kamerun

Pardiesischer Strand bei Limbé

Nordwestlich der Hafenstadt Douala in Kamerun erhebt sich mächtig der gewaltige Vulkankegel, der den Namen dieses Landes trägt. In nur 20 Kilometer Entfernung zur See ragt kalt sein fast 4100 Meter hoher Gipfel, stets wolkenverhangen, über die feuchtschwüle tropische Niederung am Golf von Guinea.
Wir fuhren mit unsern beiden Fahrzeugen am 28. Februar 1981, aus Nigeria kommend, auf der Nordostflanke des Berges bis zur ehemaligen Sommerresidenz der deutschen Kolonialherren im hochgelegenen Buea. Von dort senkt sich die Straße an den Golf und führt in Kehren, romantische Ausblicke bietend, durch scheinbar endlose, uralte und feuchtdampfende Ölpalmplantagen und Urwaldreste nach Limbé.
Ein Bild, wie ich mir in Kindertagen, durch schön gemalte Reklametafeln für Kakao ("der Plantagentrunk") oder brasilianische Zigarren angeregt, das Leben in den Tropen vorgestellt hatte. In Limbé, einer kleinen Küstenstadt, angekommen, besorgten wir erst mal das Auffüllen unserer Vorräte, denn wir hatten von der Schönheit des schwarzen Strandes, der sich nordwestlich dieses Ortes hinzieht, gehört und wollten uns dort ein paar Tage erholen.
Die Straße, die sich entlang der Küste schlängelte, war, wie damals in Kamerun selbst bei wichtigen Hauptverkehrsstraßen üblich, nicht geteert und eher als Feldweg zu klassifizieren. Sie diente ja auch nur zur Versorgung einiger weniger, kleiner Küstendörfer.
War auch der Weg schlecht, so wirkte die Schönheit der Landschaft um so überwältigender. Der tropische Regenwald reichte bis an den Meeresrand, dort breitete sich ein tiefschwarzer, warmer Vulkansand in den kleinen Buchten aus. Etwa 20 Kilometer von Limbé entfernt fanden wir eine einsam gelegene, ebensolche Bucht, die uns besonders gut gefiel. Zwar fuhren wir noch etwa einen Kilometer weiter bis ins nächste Dorf, dort war es jedoch leider nicht so romantisch wie an jener Bucht und so wendeten wir, um an diese zurückzufahren. Wir parkten unsere Fahrzeuge knapp über der Wasserlinie zu einem "L" und packten unsere Klappstühle aus, um zunächst einmal die Szenerie auf uns wirken zu lassen. Weit entfernt von der nächsten Großstadt fühlten wir uns hier sicher.

Ein Dorf an-der einzigen Strasse von Douala nach Yaoundé 1981
Ein Dorf an der einzigen Strasse von Douala nach Yaoundé 1981

Raubüberfall

Nach kaum einer Viertelstunde kam ein junger, nach moderner westafrikanischer Mode gekleideter Mann mit Sonnenbrille die Straße entlang gewandert und lenkte seine Schritte, als er uns sah, in unsere Richtung.
Er sprach, als er uns erreichte, Englisch, dies konnte jedoch nicht weiter auffallen, denn das westliche Kamerun kam nach dem ersten Weltkrieg unter englische Verwaltung, während das restliche Land frankophon wurde. Das Englische konnte sich an der nigerianischen Grenze jedoch auch nach der Entkolonialisierung halten und ist eine der offiziellen Landessprachen.
Er war sehr freundlich, woher wir kämen, wohin wir wollten, wieviele wir wären und verabschiedete sich dann freundlich, er müsse jetzt weiter zu Verwandten in dem von uns besuchten Dorf. Auch daß er zu Fuß unterwegs war, war nichts besonderes, da im afrikanischen Busch oder Urwald eine Entfernung von 20 Kilometer für die meisten Menschen nur einen etwas ausgehnteren Spaziergang bedeuten.
Jetzt fanden wir es so langsam an der Zeit in die "kühlen Fluten", die allerdings bei über 30 Grad lagen, zu steigen. Natürlich musste jemand bei den Fahrzeugen bleiben, wir waren drei Männer und zwei Frauen, eine der Frauen meldete sich freiwillig für diesen Job. Trotzdem versteckten wir unsere Schecks und Wertsachen in den Fahrzeugen, bevor wir, nackt wie Gott uns schuf, zu viert ins Wasser stapften.
Ja, es war wirklich ein Stapfen, denn das Meer war sehr seicht und nach mehr als hundert Metern waren wir noch nicht einmal bis zur Hüfte im Wasser, wenn nicht gerade eine der etwas über halbmeterhohen Wellen in die Bucht rollte.
Diese Wellen verursachten durch ihr Brechen einen ziemlichen Lärm und wir selbst waren auch nicht gerade leise, war doch diese Bucht die erste richtige Gelegenheit auf unserer damals schon mehrmonatigen Afrikareise, um gefahrlos in den sonst durch starke Strömungen und viele Haie gefährlichen westafrikanischen Gewässern zu baden.

Die Bucht bei Limbé

Da war mir, als ob ich ein Schreien hören würde und rief den andern zu, ruhig zu sein um zu lauschen. Jetzt konnten sie es auch hören, es kamen tatsächlich Schreie aus der Richtung unseres Lagers. Wir machten uns sofort zum Ufer auf, aber jetzt rächte es sich, daß wir uns so weit von diesem entfernt hatten. Die regelmäßig einrollenden Wellen hinderten uns sehr, schnell den Strand zu erreichen. So hatten wir ihn noch nicht erreicht, als uns Elly, die bei den Fahrzeugen geblieben war, entgegen kam. Sie war klugerweise von diesen geflüchtet, denn nach ihrer Schilderung kamen plötzlich 8-10 Banditen aus dem Busch um unser Lager zu überfallen, unter ihnen auch der Kerl mit der Sonnenbrille. Glücklicherweise gaben die Banditen Fersengeld als wir das Ufer betraten, denn wir waren, wie erwähnt, splitternackt und am Strand fand sich kein einziger Stein, der uns zur Not als Waffe hätte dienen können, von der zahlenmäßigen Überlegenheit der Gangster nicht zu reden.
Bei den Fahrzeugen angekommen, bewaffneten wir uns als erstes mit unseren Buschmessern, schlüpften in die Hosen und sahen nach unseren Wertsachen. Ellys und Joachims Geld, das hinter dem Sitz ihres Fahrzeugs versteckt war, fehlte. Den Rest hatten sie in der kurzen Zeit nicht gefunden. Wir schwärmten aus um die Kerle zu suchen, Joachim sah auch wirklich noch einen, der aber sofort im Dschungel verschwand als er bemerkte, daß er gesehen wurde.
Weitere Verfolgung war zwecklos. So blieb uns nur übrig, den Vorfall bei der Polizei in Limbé zur Anzeige zu bringen.
Auf dem Weg dorthin stand mitten auf der Straße Ellys Tasche in der sich das Geld befunden hatte.
Auch noch Spott!

Campingplatz in Yaoundé
»Campingplatz« in Yaoundé, wir richteten uns ungefragt 50 Meter unterhalb der streng gesicherten Präsidentenresidenz in Yaoundé häuslich ein. Damals lag die Residenz noch weit außerhalb des urbanen Gebiets, lediglich ein kleines Kloster befand sich in der Nähe. Google maps.

Die Polizei in Limbé

Nachdem wir den Überfall bei der Polizei gemeldet hatten, wurde diese sofort aktiv. Wir mussten mit dem Rollkommando der zusammengetrommelten Polizisten durch alle einschlägigen Bars und Kneipen des Städtchens, ob wir jemanden erkennen würden. Einige Wirte und Gäste wurden scharf befragt - natürlich erfolglos.
Wir kamen uns etwas komisch vor, mit einem Polizeiaufgebot durch die Wirtschaften zu marschieren und die Leute zu betrachten, besuchten wir doch sonst in Westafrika eben solche Kneipen mit guter afrikanischer Musik und jungem Publikum wenn wir des Abends einen Trinken wollten. Wir waren demzufolge froh, als diese unnütze Aktion für beendet erklärt wurde, wenngleich es uns natürlich lieber gewesen wäre, wir hätten Erfolg gehabt. Von der Polizei bekamen wir die Order, im Hof der Polizeistation zu kampieren, es war schon fast sechs Uhr und begann zu Dunkeln.
Also machten wir was wir immer taten, wir packten unseren Benzinkocher aus und entzündeten ein Lagerfeuer, an dem wir nach dem Essen auf den Schreck ein gutes, starkes, kamerunisches Bier trinken wollten.
Mit zur Polizeistation gehörte das lokale Gefängnis, das aus zwei länglichen, eingeschossig gemauerten Häusern mit winzigen vergitterten Fenstern bestand. Diese Häuser waren im rechtem Winkel angeordnet und zusätzlich durch die Umfassungsmauer der Polizeistation gesichert, innerhalb derer auch wir uns befanden.
Wir waren gerade beim Essen, als aus der ersten Zelle laut scheltende Worte kamen, unmittelbar darauf gefolgt von lautem Klatschen und Wehgeschrei. Dieses währte eine Weile, dann wurde es in der Zelle wieder ruhig, jedoch wiederholte sich diese Prozedur in der Zelle Nummer 2, dann in Nummer 3, Nummer 4, Nummer ....
Die armen Kerle! Offenbar wollten uns die Polizisten demonstrieren, daß die Behörden in Kamerun einiges gegen das Verbrechertum unternehmen.
Und das taten sie!
Wir waren natürlich nach dem Überfall auf Kriminelle nicht gut zu sprechen, aber das ging doch entschieden zu weit. Die Insassen des örtlichen Knast´s hatten schließlich ein hieb- und stichfestes Alibi!
Mit großer Wahrscheinlichkeit stammten die Banditen aus der etwa 100 Kilometer entfernten und bei weitem größten Stadt des Landes, aus Douala. Es kann allerdings sehr unangenehm werden, sich in die Angelegenheiten der Organe eines fremden Staates zu mischen in dem man zu Gast ist.
Als die Polizisten mit ihrer "Arbeit" und wir mit unserem Essen fertig waren, kamen der Polizeichef und sein Adjutant an unser Feuer. Wir boten ihnen Platz und Bier, was sie gerne annahmen.
"Leider hatten wir keinen Erfolg bei unseren Vernehmungen" meinte der Polizeichef, "und es steht zu vermuten, daß die Gangster aus dem nahen Nigeria sind."
"So werden wir unser Geld wohl nicht mehr wiedersehen!"
Er nahm einen kräftigen Schluck aus der Bierflasche.
"Nun, das kann man jetzt noch nicht sagen, wenn es wirklich Verbrecher aus Limbé waren, dann werden wir sie kriegen!"
"Sie haben die Leute im Gefängnis verprügelt, warum haben sie denn das getan, die waren es doch nicht" meinte Elly.
"Haha", und er machte eine Bemerkung in einer lokalen Sprache über die naiven Europäer zu seinem Adlatus. "Sehen sie, hier in Afrika gibt es noch sehr viele ungebildete Leute. Man kann die Verhältnisse nicht mit dem hochzivilisierten Europa vergleichen, diese Kerle müssen hart angepackt werden, eine andere Sprache verstehen die nicht!"
Mittlerweile war die erste große Flasche des Starkbieres leer, und die Zweite wurde geöffnet.
"Die Deutschen waren die ersten, die Zivilisation in unser Land gebracht haben und sehr vieles aus unserer Infrastruktur stammt noch aus jener Zeit. So zum Beispiel das Wassernetz in Limbé. Seit 1907 steht oben auf dem Hügel die von den Deutschen installierte Wasserpumpe, seit mehr als siebzig Jahren macht die Pumpe Tock-Tock Tock-Tock ..." wobei er abwechselnd die beiden Zeigefinger im Takt auf- und ab bewegte "und versorgt unsere Stadt mit gutem Wasser!"
Er fuhr fort, das hohe Lied der Deutschen zu singen und mittlerweile waren wir bei Flasche Nummer Drei angekommen.
Das Gespräch schwenkte dann zu den morgigen Maßnahmen über, mittlerweile war auch das dritte Bier und somit unser Vorrat an diesem zu Ende. Jetzt wurde ein Hiwi aus der Polizeistation herbeigeordert, der, auf unsere Kosten versteht sich, Nachschub holen musste.
Es war schon weit nach neun Uhr, als sich der Polizeichef in dem gefälligen Bewusstsein, die armen ausgeraubten Europäer getröstet zu haben, in seinen Jeep setzte und davonbrauste.

Ein afrikanischer Zoo

Wir mussten zwei oder drei Tage in Limbé bleiben um alle Formalitäten zu erledigen. Das Städtchen hat nicht viel Interessantes zu bieten, aber den Zoobesuch möchte ich noch erwähnen.
Dieser, nämlich der Zoo, ist klein und bei unserem Besuch war kein Personal außer dem vielleicht 12-jährigen Sohn des Direktors anwesend. Dieser führte uns herum. Tiere gab es nicht allzuviel. Verschiedene Vögel und Reptilien, ein paar Antilopen, alles einheimische Arten.
Dann erreichten wir die Attraktion des Zoos, die Affenkäfige.
Und das ist wörtlich zu verstehen. Unter einem Wellblechdach, das vielleicht nicht einmal sechs Quadratmeter abdeckte, waren, durch eine massive mittige Wand getrennt und nach den drei anderen Seiten mit stabilen Stahlstangen geschützt, zwei große Affen untergebracht. Derjenige den wir zuerst erreichten, gehörte nicht zu den Menschenaffen. Dieses Tier schien sein trauriges Los ergeben hinzunehmen. Es streckte, um Futter bettelnd, seine Hand aus. Von diesem traten wir zur anderen Seite des Häuschens.
"Vorsicht, nicht zu nahe herantreten!"
Diese Warnung kam beinahe zu spät. Blitzschnell hatte der Bonobo, denn ein solcher war es, seine kräftige Pranke durch das Gitter gesteckt, seine Fingerspitzen schwebten 2-3 Zentimeter vor dem Gesicht meiner Begleiterin und angestrengt versuchte er seinen Arm noch näher zu bringen. Mit blutunterlaufenen, haßerfüllten und wahnsinnigen Augen funkelte er uns an.
"Mein Vater musste schon einmal solch einen Affen erschießen, weil er einen Menschen angefallen und schwer verletzt hat! Die sind böse."
Es war kein Wunder, daß der Bonobo wahnsinnig geworden war, ein solch von Natur aus geselliges, intelligentes und aktives Tier in einen Käfig zu stecken in dem er nicht einmal genug Platz hatte sich auszustrecken.
Jahr für Jahr!
So sehr der Tod für diese Kreatur auch eine Erlösung bedeutet hätte, wünschte ich ihm doch ein langes Leben, denn er würde sofort durch einen anderen Bonobo ersetzt, der die gleiche grausame jahrelange Folter über sich ergehen lassen wird und es würde mich nicht wundern, wenn dort in diesem Käfig in Limbé, Kamerun auch heute noch ein verrückt gewordener Bonobo sitzt.

Die Käufer unseres VW's in Yaoundé
Die Käufer unseres VW's in Yaoundé.

Yaoundé

In Limbé war uns natürlich die Lust vergangen, die Schönheiten der Umgebung fotografisch festzuhalten. Über Douala machten wir uns auf den Weg über die staubige und nicht asphaltierte Straße durch den Dschungel nach Yaoundé, wo wir nach wochenlangen Verhandlungen eines unserer Fahrzeuge zu einem guten Preis verkauften. Unsere Reisegruppe hatte sich da aber schon aufgesplittet. Joachim und Elly waren in den Norden Kameruns gefahren, um dort ihr Fahrzeug zu verkaufen und nach Nigeria zurück zu kehren. Wir hingegen fuhren, nur noch zu Dritt, auf teilweise fürchterlichen Pisten, welche einen solchen Namen gar nicht verdienten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf der damals einzig möglichen Strecke über Ngaundere in die Zentralafrikanische Republik.
Unten zum Abschluss noch ein paar Fotos aus der Hauptstadt Yaoundé...

Bayerische Blasmusik als Bierwerbung einer Brauerei in Yaoundé
Wir staunten nicht schlecht, als uns auf der Hauptstraße der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé dieser bunte Sattelschlepper entgegen kam. Sofort machten wir kehrt und folgten den Fahrzeug, das nach ein paar hundert Metern Station machte. Bayerische Blasmusik und Bierwimpel als Werbung einer einheimischen Brauerei in Yaoundé! Für die Yaounder waren die bierbäuchigen Gestalten natürlich wunderliche Exoten, welche schon für Aufmerksamkeit sorgten...
Das Hauptpostamt von Yaoundé Während eines tropischen Regengußes
Das Hauptpostamt von Yaoundé Während eines tropischen Regengußes. Damals war die kamerunische Hauptstadt mit ihren etwa 300.000 Einwohnern noch recht überschaubar.
Zentraler Kreisverkehr in Yaoundé
Während unseres Aufenhaltes in Yaoundé kam es einige Male zu wolkenbruchartigen Regenfällen. Zu sehen ist hier der damalige zentrale Kreisverkehr der Stadt, zum Vergleich, die Stelle heute bei Googlemap. Links oben ist ein Teil des Postgebäudes zu erkennen.
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