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Ghana - Afrika |
Am 2.1.1981 erreichten unsere beiden VW-Busse die Grenzstation Gonokrom auf der anfangs noch ungeteerten Piste, die Richtung Kumasi führte. Zuerst schien alles in Ordnung. Unsere relativ teuren, in Ouagadougou ausgestellten Visa waren für einen Aufenthalt von 14 Tagen gültig und in etwa wollten wir genau so lange im Land bleiben.
Doch es sollte eines Kugelschreibers wegen anders kommen. Der junge arrogante Grenzoffizier nämlich fragte Bruno, ob er gerade einen Kugelschreiber zur Hand hätte um die Formulare auszufüllen. Etwas verwundert reichte ihm Bruno seinen Schreibstift über den Schalter, denn es lagen mehrere Stifte auf dem Pult.
"Ein schöner Stift, den könnte ich doch als Cadeau behalten!"
"Nein" meinte Bruno und auch ich, der neben diesem stand, schüttelte mit dem Kopf.
"Well, dann erhaltet ihr eben nur den zweitägigen Transit...!?"
Bruno war genau so sauer über diese hochnäsige Unverschämtheit wie ich, wir schauten uns an und zuckten demonstrativ gleichgültig mit den Schultern.
"Wir haben gültige Visa für 14 Tage und würden uns in Accra beschweren!"
"Ok, versucht es!"
Sprach´s und überstempelte unsere Visa mit einem Transitvisa.
Wahrscheinlich durften wir jetzt sogar noch froh sein, daß wir überhaupt in dieser Hochburg der Mangelwirtschaft und Korruption, welche Ghana damals darstellte, einreisen durften. Bei einer Totalverweigerung wären wir natürlich nach Abidjan zurückgefahren und hätten auf der Botschaft Stunk gemacht. Allerdings wäre ein Erfolg höchst zweifelhaft gewesen.
"Have a nice journey!" Spottete er uns noch nach.
Wütend setzen wir, das waren Elly, Joachim, Dave, Bruno und ich, unseren Weg fort. Beim abendlichen Halt beratschlagten wir und änderten unsere geplante Reiseroute. Der Aufenthalt in Accra wurde aufgegeben und statt dessen beschlossen wir, über Kumasi diagonal durch das Land bis nach Lome zu fahren.
Bald wurde am nächsten Morgen die Straße zur Asphaltierten, aber kurz vor Kumasi begann unserer Sprit knapp zu werden. Mit den letzten Reserven erreichten wir die Stadt, denn unterwegs bot sich keine Gelegenheit zum Tanken, nirgendwo gab es Treibstoff. Damit hatten wir nicht gerechnet und so waren unsere Reservekanister leer. Auch in Kumasi jedoch hatten alle Tankstellen die wir ansteuerten ebenfalls geschlossen, nur eine einzige fanden wir, bei der sich eine kilometerlange Schlange gebildet hatte. In den meisten der manchmal abenteuerlich aussehenden Fahrzeuge saßen keine Personen. Wir reihten uns als letzte ein und erfuhren, daß in zwei Stunden ein Tanklaster erwartet wurde und zudem die Abgabe pro Fahrzeug rationiert war.
Schöne Aussichten!
Aber wir waren Weiße und hatten somit CFA oder sonstige harte Währung dabei!
Bald waren wir in Verhandlungen mit Leuten verstrickt die irgendwo in Kanistern oder großbauchigen Flaschen Benzin gebunkert hatten. Die Preise waren zwar wesentlich höher als an den offiziellen Zapfsäulen, aber bei den Schwarzmarktkursen für CFA immer noch billig. Unsere Hauptsorge war natürlich, keinen gepanschten Stoff zu erhalten, das war uns sogar noch wichtiger als der Preis.
So dauerte es nicht allzu lange und unsere Tanks waren wieder gefüllt. Da wir fast buchstäblich mit dem letzten Tropfen Benzin die Tankstelle erreicht hatten, wurde uns der Sprit sogar "frei Fahrzeug" geliefert. Wir fuhren anschließend noch etwas durch die heruntergekommene und ziemlich große Stadt, testeten das ghanaische Bier, das recht gut mundete, nahmen an einer Garküche einen kleinen Imbiß und setzten dann unseren Weg Richtung Südost fort.
Ab Kumasi waren die Straßen recht gut. Es ist eine Tatsache, daß die Engländer wesentlich mehr in die Infrastruktur ihrer Kolonien investiert hatten als die Franzosen. Das konnten wir auch später in Nigeria und West-Kamerun beobachten.
Seitdem hatte sich zwar nicht mehr allzu viel getan, doch waren in Ghana die Straßen wenigstens erhalten und regelmäßig neu asphaltiert worden. Die Straße führte an einer Hügelkette entlang und viele der ghanaischen Minibusse denen wir begegneten, hatten religiöse Sinnsprüche und Gemälde auf der Karosserie. Das erinnerte mich etwas an indische Fahrzeuge.
Überhaupt schien das Land sehr kunstfreudig zu sein. Entlang der Straße waren manchmal in Shop´s schöne und ausdrucksstarke Gemälde und Skulpturen, sowie Musikinstrumente zum Verkauf ausgestellt. Bei einigen dieser Läden hielten wir an. Ein bißchen ein Flair wie in in den Mittelmeerländern kam auf.
In Koforidua mußte am VW von Joachim eine kleine Feder am Vergaser ersetzt werden und wir steuerten eine Werkstatt an. Da ich um die Ecke eine Kneipe gesehen hatte, fragte ich ob die anderen auch Bier wollten und marschierte mit einem Großauftrag in die Bar.
"Hallo!" Grüßte ich nach deutscher Sitte zuerst.
"Guten Nachmittag, Sir! Was darf´s denn sein?" Fragte der Barkeeper.
Doch gab ich zunächst keine Antwort mehr, denn meine Aufmerksamkeit richtete sich ganz auf den einzigen Gast.
Ein wunderschönes etwa 18-jähriges Mädchen, das an einem Tisch saß und kokett lächelnd die Augen niederschlug, um mich aus den Augenwinkeln zu beobachten.
Ganz offensichtlich gab es in der Bar nicht nur Bier zu kaufen.
Zum ersten Mal bereute ich es, daß wir den Kugelschreiber nicht dem Grenzräuber überlassen hatten.
Ich kam wieder zu mir.
"Fünf ungeöffnete kalte Biere. Und ... die Flaschen kommen nicht zurück" gab ich dem jetzt wissend grinsenden Keeper Bescheid.
Gerade wollte ich mich an die junge Dame wenden, als die ganze Bande durch die Tür polterte.
Leider war der Zauber jetzt dahin!
Wir beschlossen einen Schlenker nordwärts an den Volta-Stausee zu machen, um dort irgendwo unser Nachtlager aufzuschlagen, nachdem wir auf einer schmalen aber langen Brücke die Volta überquert hatten. Bedingt durch die guten Straßen hatten wir für einen kleinen Ausflug genügend Zeit.
Ein kleines Städtchen an der Ostseite des Sees gefiel uns und so suchten wir einen Lagerplatz an dessen Ufer in der Nähe des Ortes. Es dunkelte bereits, als wir auf einer schmalen gerodeten Fläche auf einem Hügel über dem See unser Nachtmahl bereiteten. Gegen später machten wir uns leider auf den Weg in den Ort um eine Disco zu besuchen. Diesen Abend will ich lieber diskret übergehen, denn es gibt Stunden, die man am Besten aus dem Speicher löscht.
Am nächsten Morgen weckte mich die Hitze der Sonne. Ich lag in meinem Schlafsack auf dem blanken Boden, etwa 10 Meter neben dem dichten Dschungelgebüsch. Trotz meines Kopfschmerzes stellte ich mir schaudernd vor, eine Kobra oder sonstiges Giftgetier könnte mich des Nachts besucht haben.
Unter uns lag eine schmale aber langgezogene Bucht des riesigen See´s. Wasser war jedoch praktisch nicht zu sehen. So weit das Auge reichte, war dessen Oberfläche von einem dichten Teppich aus wuchernden Wasserpflanzen bedeckt, die ihre Blätter und Ranken mindestens einem halben Meter aus dem Wasser streckten.
Auch eine Aspirin Tablette half mir nicht viel, die vielen Mosquito-Stiche machten sich jetzt in unbetäubtem Zustand schmerzhaft bemerkbar und von der ersten starken Zigarette, die sich in Westafrika am würzigen Geschmack der französischen Gitanes oder Gauloises orientieren, wurde mir übel. Erst in den nächsten Stunden erholte ich mich so langsam.
Wir fuhren noch etwas durch die herrliche Landschaft am dicht bewaldeten Ufer des Stausees und wendeten uns dann nach Süden, Richtung Küstenniederung. Afuao oder so ähnlich hieß der Grenzübergang an der Stadtgrenze von Lome, an dem wir an 4. Januar 1981 das Land wieder verließen.
Trotz des anfänglich negativen Eindrucks durch den beamteten Banditen bei der Einreise hatten wir bei unserem leider viel zu kurzem Besuch freundliche und hilfsbereite Menschen in einem zwar ärmlichen, aber kreativen, bunten und lebensfrohen Land angetroffen.