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Togo - Afrika |
Wir erreichten das kleine Togo am 4. Januar 1981 von Ghana kommend. Die Hauptstadt von Togo, Lomé, liegt unmittelbar an der Grenze. Ghana hatten wir binnen zwei Tagen durchqueren müssen, da unsere Visa für Ghana bei der Einreise von einem korrupten Grenzoffizier, dem wir ein kleines Cadeau verweigert hatten, als "Ungültig" gestempelt wurden und uns statt dessen nur der Transit durch dieses Land gestattet wurde.
Es war Nachmittag als wir die lästigen Grenzformalitäten erledigt hatten. Wir tranken wenige Meter hinter der Grenze in Lomé vor einer Bar erst mal ein Bier und beobachteten das Treiben an der Zollstation. Es herrschte damals ein großes Wohlstandsgefälle zwischen Togo und Ghana - der ghanaische Cedi war praktisch wertlos - und viele Ghanaer kamen über die Grenze, um auf die eine oder andere Weise etwas Geld zu verdienen. Die "leichten Mädchen" oder jene, die man für solche hielt, wurden von den Grenzbeamten mit anzüglichen Bemerkungen oder gar Beleidigungen abgefertigt, die meisten machten gute Miene zum bösen Spiel, um nicht abgewiesen zu werden.
Von der ghanaischen Hauptstadt Accra über Lomé und Cotonou bis zur Riesenstadt Lagos in Nigeria sind es vielleicht 500 Kilometer und so herrschte auf der für afrikanische Verhältnisse guten Küstenstraße reger Verkehr.
Auf dem circa fünfzig Kilometer langen togolesischen Teilstück dieser Straße durchquerten wir das Land, um, solange es noch Tag war, einen Lagerplatz auszusuchen, bevor wir wieder zurück nach Lomé fuhren, uns noch ein bisschen in der Stadt umzusehen.
Wir hatten viel vor in Togo. Unser Reisegefährte Dave wollte von hier aus seinen Rückflug über Lagos organisieren, da sein Urlaub bald zu Ende war. Visa für Kamerun wollten wir besorgen und mein Reisepass war voller Stempel, so daß kein weiterer mehr Platz hatte und ich mußte auf der deutschen Botschaft einen Ersatzpass beantragen. Nicht zuletzt wollten wir vorfühlen wie es um den Verkauf unserer VW-Fahrzeuge stand. Deshalb waren etwa zwei Wochen Aufenthalt in Togo eingeplant.
Togo stand damals unter der Diktatur des Eyadema, einem engen Spezi des Franz Josef Strauß.
Überall an den Zeitschriftenständen hingen Comics, in denen der Despot sein glorreiches Heldenleben von französischen Zeichnern hatte darstellen lassen. F.J.S. hatte in Togo eine große Farm in Besitz und wir staunten nicht schlecht, als wir eine, eben diesem illustren Bayern gehörende, große Schlachterei mit deutschen Metzgern und Verkaufspersonal, samt angeschlossener Bäckerei fanden. Vermutlich wollte er bei seinen hiesigen Aufenthalten auf seine Weißwürschte nicht verzichten. So wie man den bayerischen Ministerpräsidenten kannte, wurde diese Schlachterei wahrscheinlich auch noch vom deutschen Steuerzahler als "Entwicklungshilfe"-Projekt gesponsert.
Nichtsdestotrotz eine Top-Adresse der weißen Bevölkerung, nicht nur von Lomé, sondern auch von Ghana und Benin!
Wir konnten es natürlich nicht lassen und kauften uns dort wahrhaftig bayerischen Leberkäs und echt schwäbische Brezeln!
Es war schon dunkel als wir auf den Platz, den wir als Lager ausgesucht hatten, zurückfuhren. Dieser befand ganz sich ganz in der Nähe eines Dorfes und war von der Straße aus nicht sichtbar. So glaubten wir uns sicher.
Aus dem Dorf bekamen wir noch Besuch, die Fischer wollten uns Haifischgebisse als Souvenirs andrehen, und ich kaufte einem ein kleineres Gebiss für wenig Geld ab.
Unser Lagerplatz war direkt am etwa vier Meter hohen und sandigen Steilufer des Meeres, das in Togo keine Buchten bietet und zum Baden wegen der starken Strömung völlig ungeeignet ist. Lediglich an einigen wenigen Stellen bildet eine abgeschliffene Felsplatte kurz vor dem Ufer eine Art Riff vor winzigen und sehr flachen Lagunen, in der das Baden bzw. planschen gefahrlos möglich ist. Vor allem Nachts weht ein stetiger, auflandiger, teils heftiger Wind. Nachdem wir am Lagerfeuer noch ein Bier getrunken hatten, zog ich mich in mein inzwischen aufgestelltes Zelt zurück und entschlummerte.
Ich erwachte jäh durch ein schlagendes Geräusch und lauschte.
Der Wind ließ die Stoffbahnen meines Zeltes flattern, auch gaben die Stoffe unserer umgefallenen Klappstühle, die noch im Freien standen, von Zeit zu Zeit, wenn der Wind in sie fuhr, ein schlagendes Geräusch von sich.
Trotzdem war ich beunruhigt, richtete mich auf und griff nach dem Messer, das ich neben mich gelegt hatte, entschlossen, falls jemand in mein Zelt einzudringen suchte, sofort zuzustechen.
Ich war mir jetzt sicher daß etwas nicht stimmte, das Zelt zu verlassen wagte ich trotzdem nicht.
Meine Gefährten jedoch, die in den Fahrzeugen waren, mußte ich warnen.
"Joachim!" "Joachim!"
"Ja!"
Die Stimme klang hellwach.
"Ist alles in Ordnung?"
"Ja!"
Das klang nicht sehr glaubwürdig, doch wer uns deshalb jedoch für Feiglinge hält, war eben noch nie in einer solchen Situation. Auch im zweiten Fahrzeug war man wach und zur Verteidigung bereit, wie uns später gestanden wurde. Sehr merkwürdig war, daß alles in Ornung schien, außer den beschriebenen Geräuschen konnte ich nichts weiter hören, dennoch war klar, daß ungewöhnliches vor sich ging. Irgend ein Sinn warnte mich und auch der Besatzung des VW-Busses ging es ähnlich.
Hinterher hörten wir dann einige Gruselgeschichten von Überfällen. Zum Beispiel wurden Fahrzeuge mit Benzin übergoßen und die erwachten Insassen mit gezücktem Streichholz zum Öffnen der Fenster und Herausgabe der Wertsachen aufgefordert.
Entsprechend brutal ist die Gegenreaktion der Betroffenen, wenigstens der Einheimischen. In Lagos wurde einem ergriffenen Räuber vom Mob die Achillessehnen durchschnitten, ein alter Autoreifen über den nun Kauernden gestülpt, das Ganze mit Benzin überschüttet und auf offener Straße entzündet.
Gesehen habe ich so etwas glücklicherweise nie, ich halte diese Schilderungen jedoch für authentisch.
Ich blieb bestimmt noch eine Stunde lang mit gezücktem Messer sitzen, dann überwog die Müdigkeit, auch war nichts außer den bereits erwähnten Geräuschen zu hören und so legte ich mich wieder schlafen, allerdings mit umklammertem Messer.
Ich erwachte morgens wieder bei den ersten Geräuschen aus Joachims Fahrzeug. Dieses war ein VW-Pritschenwagen mit einer Plane, unter der sich ein großes Moskito-Zelt befand. Die Pritsche diente als Schlafstätte der Besatzung.
Es war mir keine Überraschung als ich erfuhr, daß die nächtlichen Räuber das Moskitonetz aufgeschlitzt und die Tasche mit den Wertsachen, "die neben den Schlafenden lag", entwendet hatten.
Der Schaden hält sich in Grenzen, so dachten wir, da fast der gesamte entwendete Geldbetrag aus Reisescheck´s bestand, die wir ersetzt bekämen. Keinesfalls hätte es sich gelohnt, ihretwegen den Kampf mit den Gangstern aufzunehmen.
Was war jetzt zu tun?