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Togo - Afrika |
Die hiesige Filiale von American Express war umgehend zu informieren, die Banken in Lomé hatten jedoch noch geschlossen und so steuerten wir erst einmal eine Polizeistation an. Dort wurden wir an das zuständige Kommissariat verwiesen und endlich fuhren wir in dessen Hof ein.
Einem bulligen, brutal aussehenden Sergeanten schilderten wir den Vorfall, dieser hieß uns auf einer Bank Platz zu nehmen, da er den Offizier informieren müsse. Bald kam er zurück mit dem Bescheid, daß wir noch etwas warten müssten.
Der Raum in dem wir saßen, war etwa 12 Meter lang und 6 Meter breit. Die letzten beiden Meter waren durch ein Gitter mit einer Tür vom Rest getrennt. Dahinter standen vielleicht 10 Männer.
Uns gegenüber war durch die geöffnete Doppeltür der Hof der Polizeistation zu sehen, über den, gerade in diesem Augenblick, mit Fußtritten ein splitternackter und mit Handschellen gefesselter Mann getrieben wurde. Die Tritte teilte ein hinter ihm gehender Polizist aus, der zwischen Daumen und Zeigefinger die offenbar urinbeschmutzte Kleidung des Mannes von sich abhielt. Lachend und spottend sahen einige Polizisten zu.
Jetzt brachten zwei Polizisten einen, ebenfalls mit Handketten gefesselten und mit einem weißen Hemd und Anzug bekleideten, untersetzten Mann herein, der eine Aktentasche unter den Arm geklemmt hatte. Dieser war wohlgenährt, sah aus wie ein kleiner Angestellter oder Beamter und machte ein unsicheres Gesicht.
Einer der Polizisten schob ein Fahrrad und meldete dem Sergeanten, daß man den Angestellten beim Fahrraddiebstahl erwischt habe.
Der bullige Sergeant kam hinter seinem Schreibtisch hervor und baute sich vor dem Mann auf. Dann erfolgte eine Schimpfkanonade, auf die der Betroffene nur schüchtern ein paar halblaute Entschuldigungen hervorbringen konnte.
Der Sergeant sah uns an, ob wir auch zusahen, hob unvermittelt die Hand und versetzte mit zusammengepresstem Handteller dem Sünder einen ungeheuer schweren, dumpf klatschenden Schlag auf die Ohrmuschel. Wir zuckten zusammen. Der Schlag war routiniert, das war klar.
Nicht nur an dem überrascht schmerzverzerrten Gesicht, sondern auch an der Wucht des Schlages war abzulesen, daß dem Mann das Trommelfell geplatzt sein musste. Er ließ die Aktentasche fallen, bedeckte mit der Hand das Ohr, wobei er wegen der Fesseln auch die andere anheben musste, öffnete tonlos den Mund und schüttelte, nach innen lauschend, den Kopf.
Der Sergeant sah uns triumphierend an, als wolle er sagen :"Na, wie habe ich das gemacht?"
Nach dieser Demonstration, daß in Togo erwischte Kleinkriminelle nichts zu Lachen hatten, ließ er den immer noch unter Schock stehenden Verletzten in eine Zelle abführen.
Wir sahen uns bestürzt an und Elly tippte sich mit dem Finger an die Stirn, ich meinte jedoch, sie solle derartige Reaktionen unterlassen, denn wir waren auf offizielle Hilfe angewiesen. So wagten wir nicht zu protestieren.
Hatte ich vorher beim Eintritt den Männern hinter dem Gitter ein nickendes Grinsen zugeworfen, fiel mein Blick jetzt wieder auf sie. Besonders klug mochte ich dabei nicht gewirkt haben, denn einer der Männer nickte mir kurz zu:
"So mein Junge, jetzt weißt du Bescheid!"
Vernahm ich dabei wortlos.
Bald darauf wurden wir zu einem Offizier gerufen, bei dem wir den Überfall zu Protokoll brachten und eine Quittung erhielten, mit der wir uns danach auf den Weg zu der mittlerweile geöffneten zuständigen Bank machten, deren Adresse wir ebenfalls von dem jungen und intelligent wirkenden Leutnant bekommen hatten.
Doch das Unglück kommt selten allein!
Joachim und Elly mussten die Quittungen der Reiseschecks hervorholen auf denen die Nummern der Schecks vermerkt waren. Bei dieser Gelegenheit wollte ich ein paar Schecks einwechseln. Jetzt jedoch stellte sich heraus, daß mit den Nummern etwas nicht stimmte.
Wir hatten unsere Schecks in Deutschland gleichzeitig bei der selben Bank gekauft. Der Bankangestellte hatte jedoch bei der Ausstellung die Pakete verwechselt, wie sich erst jetzt herausstellte. Ich hatte deshalb Joachims und dieser meine Schecks unterschrieben. Wir hatten damals die Nummern unserer Quittungen nicht mit den Nummern der Schecks verglichen, sondern lediglich den Betrag überprüft.
Also waren eigentlich für American Express meine Schecks geklaut worden, ja, schlimmer noch, ich und Joachim hatten bis jetzt immer Schecks getauscht die für das Unternehmen gar nicht in unserem Besitz waren.
Die Schecks die ich noch besaß waren ergo ungültig.
Zum Glück hatte ich noch separate Dollarschecks bei denen die Nummern stimmten, sonst wäre auch ich mittellos gewesen. Daß das zu Verzögerungen bei der Erstattung führen mußte war klar, zumal in Afrika, wo, wie wir später an den Stempeln ablesen konnte, ein Luftpostbrief aus Deutschland binnen 48 Stunden auf dem Flughafen von Lomé einging, von dort aber bis zum Zentralpostamt und dem Poste-Restante Schalter bis zu anderthalb Wochen benötigte.
Diese dumme Geschichte sollte uns fast zwei Monate in Togo festhalten. Ob der Grund für die lange Verzögerung bei American Express oder ihrer togolesischen Partnerbank zu suchen war, war für uns vor Ort nicht zu ermitteln. Schließlich wurde ja auch die Bank in Deutschland, von der wir die Schecks hatten, in die Aktion mit einbezogen.
Jetzt erst erfuhren wir, daß es in der Nähe von Lomé einen gesicherten Campingplatz für Reisende gab, auf dem wir unser Basislager einrichteten.
Lomé wurde bald langweilig, was wir zu erledigen hatten war schnell getan.
Die Absatzmöglichkeiten für unsere Fahrzeuge waren rar, aber die Verkaufsverhandlungen endlos, die Afrikaner spielten auf Zeit. Die mehrtägigen Ausflüge ins südliche Togo, zum Beispiel in die an der Westseite mit Regenwald bestandenen romantischen Atakoraberge, wo sich auch die bei meinem Reisebericht über Tunesien bereits erwähnte gefährliche Schlangenbegegnung ereignete, zeigten uns zwar die angenehme und schöne Seite des Landes, aber zwei Monate sind lange.
Hier die Wiederholung der Schlangengeschichte:
»Das war in Togo im dichten Regenwald in den Togo-Bergen, eine Stunde Fußmarsch vom nächsten Dorf, als eine circa zweieinhalb Meter lange schwarze Schlange schnell wie ein Blitz weniger als einen Meter vor meinem vorausgehenden Gefährten den Pfad kreuzte. An dem "eiskalten" Gebirgsbach, der etwa 3 Meter neben dem schmalen Pfad verlief, hielt sie an und drehte, aufmerksam verharrend, den Kopf. Alle mußten wir in dieser geringen Entfernung an dem Vieh vorbei.
Mir erschien ihr Blick teuflisch böse, doch war dies nur eine subjektive Empfindung. Trotzdem riet ich instinktiv meinen Gefährten, die Schlange nicht anzusehen. Der vielleicht 15 Meter vorausgehende junge Togolese, unser Führer, meinte, wir hätten großes Glück gehabt, diese Schlange sei extrem gefährlich. Am gleichen Tag kam, als wir abends einige Kilometer weiter am Rande einer Kaffee-Plantage lagern wollten, der Besitzer, um uns von dort weg auf den Hof der Plantage zu führen. Ein paar Tage vorher war ein Arbeiter in jenem Feld von einer solchen schwarzen Schlange angegriffen und getötet worden.«
Mit Badespaß war wie gesagt auch nichts und schon das barfüßige Spazieren am Strand hatte seine Tücken, wie wir herausfinden mußten. Wir bekamen nämlich ca. 6 Millimeter große weißliche Pusteln an den Beinen und erschraken nicht schlecht, als wir das erste Mal beobachten mußten, wie winzige schwarze Insekten aus diesen Pusteln krochen. Sofort schnitten wir mit Rasierklingen die eitergefüllten Pusteln auf, alle waren mit diesen winzigen Spinnen gefüllt. Es handelte sich um sogenannte Sandflöhe, wie uns gesagt wurde.
Unser Campingplatz am Meer bot zwar einigen Schutz vor bewaffneten Räubern, vor Dieben war man dort jedoch auch nicht ganz sicher. So wurde einem anderen Deutschen auf dem Platz eine teure Kamera entwendet und Bruno vermisste eines Tages sein Tuareg-Schwert, das er im Niger erworben hatte. Auch kamen Togolesen vorbei, die uns für etwa 50 Mark einen hochwertigen Sextanten anboten, diesen hatten sie vermutlich auf einer Jacht geklaut.
Der deutsche Besitzer des Campingplatzes hielt zwei große, vielleicht 1½ Meter lange Warane in einem kleinen Käfig aus Maschendrahtzaun. Diese Tiere hatte er von Einheimischen gekauft. Bei deren Fang hatte sich einer der Warane in einen der Angreifer verbissen und so wurde ihm mit einem schweren Hammer mehrfach heftig auf den Schädel geschlagen. Als Folge davon war das Tier nicht gleich gestorben, hatte aber einen schweren Dachschaden davongetragen. Den ganzen Tag stand der Waran an dem Drahtzaun und stieß seine Schnauze immerfort zwischen die Maschen. Das Fleisch zu beiden Seiten und über der Schnauze hatte sich dadurch bis weit nach hinten abgelöst und so bestand das erste Drittel seines Maules nur aus dem blanken, freiliegenden Gesichtsknochen. Eine unsägliche Tierquälerei, doch weigerte sich der Mann, das wertvolle Tier zu erschießen. Auch andere Afrikafahrer beschwerten sich und so bequemte er sich dann endlich zu einem kleinen Umbau des Geheges, doch eines Tages ging die Echse dann trotzdem ein.
Ich bekam plötzlich aus heiterem Himmel 40,8° Fieber, das war gefährlich, doch wusste Elly als ausgebildete Krankenschwester einen einfachen Trick: Kalte Wadenwickel senkten meine Körpertemperatur rasch auf unter 40°. Auf Verdacht hin nahm ich das damals übliche Malariamittel "Fansidar" in bei akutem Anfall vorgeschriebener hoher Dosis, und tatsächlich verschwand das Fieber schnell völlig, am nächsten Tag schon fühlte ich mich halbwegs wieder fit. Den endgültigen Nachweis von Malaria hätte allerdings nur eine Blutprobe erbracht. Man kann eine solche auch später erstellen lassen, indem man etwas Blut auf Glas aufbringt und eintrocknen lässt. Der Erreger kann dann sehr lange später noch per Laboruntersuchung in der Probe nachgewiesen werden. Jedoch stellte ich keine solche Konserve her. Fast alle von uns hatten in Afrika verschiedentlich aus undefinierbaren Gründen hin und wieder Fieber bekommen und so weiß ich bis heute nicht, ob das bei mir wirklich ein Malariaanfall war. Weil wir uns immer wieder in Gegenden bewegten, in denen Mosquitos eine große Plage waren, nahmen wir Fansidar zwar prophylaktisch, doch kann es trotz Vorsorge zu einer Ansteckung mit der Fieberkrankheit kommen, von der einige Varianten äußerst gefährlich sind.
In den von uns bevorzugten einheimischen Kneipen und Disco´s von Lomé wurden wir bald als alte Bekannte begrüßt und wir lernten viele Leute aus Togo und den beiden angrenzenden Ländern kennen. Auch an der Bar des einzigen Touristenhotels in Togo tranken wir zwei oder drei Mal ein Bier und sprachen mit einigen von den teils deutschen Urlaubern. Die meisten waren einhellig der Meinung: Nie wieder Togo! Verantwortlich für diesen negativen Eindruck war zumeist die fehlende Badegelegenheit im Meer.
Die Essensversorgung wäre in Lomé hervorragend gewesen, gab es doch außer der erwähnten Metzgerei und Bäckerei auch noch mehrere große Supermärkte mit allen Produkten, die ein nobler europäischer Einkaufstempel auch bot.
Diese waren jedoch sehr teuer und nur die hier arbeitenden Weißen und die togolesische Oberschicht konnte es sich leisten, dort einzukaufen.
Wir kauften, wie alle normalen Leute, unser Fleisch lieber im Erdgeschoß der örtlichen Markthalle.
In diesem großen Betonbau wurde nicht geschlachtet, sondern nur an Dutzenden von Ständen Rindfleisch verkauft, das auf den schlechten afrikanischen Straßen aus dem mehr als 1100 Kilometer entfernten Ouagadougou ungekühlt in sengender Hitze auf LKW´s nach Lomé transportiert worden war.
Von dem hier auch angebotenen Schweinefleisch ließen wir lieber gleich die Finger.
Der Gestank innerhalb der unklimatisierten Halle war fast unerträglich und man mußte an vielen Fleischteilen riechen, um ein einigermaßen gutes Stück zwischen dem oft grünlich oder bläulich schimmernden Fleisch auszuwählen.
Gut durchgebraten und mit viel Piment und Chilli war das, zusammen mit dem guten und billigen Brot französischer Art und natürlich den tropischen Früchten, unser Hauptnahrungsmittel. Mit Piment ist nicht das bei uns so genannte Gewürz gemeint, sondern es handelte sich um eine etwas seltsam schmeckende, aber gar nicht schlechte rötliche Gewürzmischung welche vielleicht aber Bestandteile an Piment enthielt, die auf den Märkten zu kaufen war.
Das waren auf Dauer nun nicht gerade kulinarische Highlight´s.
So waren endlich nicht nur wir, sondern auch die mittlerweile völlig genervten Bankangestellten froh, denen wir, abgesehen von den Zeiten unserer Ausflüge und den Wochenenden, täglich unseren Besuch abgestattet hatten, als wir endgültig am 24. Februar 1981 auf der Küstenstraße nach Osten an die Grenze fuhren, um Lagos anzusteuern.
Dave war in der Zwischenzeit bereits mit einem Bus nach Lagos weitergereist, um von dort aus in die Heimat zu fliegen, da sein Urlaub zu Ende war. Dafür war meine Freundin, ebenfalls über den einzigen Großflughafen in Westafrika, nämlich Lagos in Nigeria, zu uns gestoßen.
Elly war mit Ersatzschecks, ich der mit Bewilligung, meine Schecks weiter benutzen zu dürfen, und Joachim mit neuem Bargeld versehen. Joachim sollte seine Schecks erst in Deutschland ersetzt bekommen - Reiseschecks sind also keineswegs immer ein Zahlungsmittel, mit dem man keine Probleme hat. Glücklicherweise aber hatte er Geld von einem hilfsbereiten Deutschen, der sein Auto in Westafrika verkauft hatte, geliehen bekommen.
Leider war es allerdings in Togo nicht möglich, dieses Bargeld in Schecks zu tauschen, dies sollte sich bald darauf als verhängnisvoll erweisen...