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Indien - Asien |
Wuselndes Gewirr und aufgeregtes hin und her am Bahnhof von Ajmer, Rajasthan. Trotzdem keine Platzreservierung ergattert und als Krönung hat der Zug auch noch reichlich Verspätung! Im Abteil dann eben auf die Reisetasche sitzen. Um 1:30 Uhr, auf irgendeinem Bahnhof, dann ein resoluter Schaffner der uns Reisende aus dem Zug scheucht und in fast leere Waggons transferiert, an denen noch gar keine Lok angekoppelt ist. Doch gibt es dafür Sitzplätze für uns. Gegen 4 Uhr wird die unterbrochene Fahrt dann endlich fortgesetzt. In Jodpur dann wieder ein Zugwechsel, zwischendurch ein gutes Frühstück im Bahnhof-Restaurant, mittlerweile ist es hell geworden. Unsere von einer altertümlichen Dampflok gezogenen Waggons durchqueren jetzt ein Mittelding zwischen Wüste und Steppe, Tharr genannt. Zweimal geraten wir in leichte Sandstürme. Die Fenster der nur mit Holzbänken ausgestatteten Waggons sind nicht dicht und so ist bald alles in der nebelhaften Dämmerung der Abteile von gelblichem Staub bedeckt. Da und dort wirbelt draußen der Sand oder Staub in Windhosen umher, doch nach ein paar Kilometern ist wieder alles vorbei. Wie stets in Indien, kommt man schnell mit seinen Mitreisenden ins Gespräch und das ist auch gut so, denn die wüstenartige flache Landschaft mit den seltenen armseligen Dörfchen vor den Fenstern wird bald langweilig.
Ein Hotel in Jaisalmer finden wir abends, es ist schon dunkel, in der Nähe des Bahnhofs. Ein einfaches Regierungs-Gästehaus, das, wenn es nicht gerade von Offiziellen benötigt wird, seine Zimmer auch an private Reisende vermietet. In Indien ist man da pragmatisch. Die erste Besichtigung von Jaisalmer folgt am nächsten Morgen. Die Stadt hat praktisch keine Neustadt, sondern ist komplett von einer Befestigungsmauer umgeben, deren Tore sogar noch die verschließbaren Torflügel tragen. So, als erwarte man noch immer den Angriff eines feindlich gesinnten Herrschers aus der Umgebung. Betritt man die Stadt von Westen, beginnt fast unmittelbar hinter der Stadtmauer der Basar mit seinem, für Indien typischen, geschäftigen Treiben.
Nach etwa 500 Metern ragt dann die Festung vor einem auf, welche mit vier hintereinander gestaffelten Toranlagen gesichert ist und auf einem Hügel liegt. Von innen wirkt das Fort mit seinen vielen runden Verteidigungstürmen genau so eindrucksvoll wie von außen. Es ist, wie die ganze Stadt, aus gelbem Sandstein erbaut, daher der Name "Golden City". Schon in der Stadt selber waren an den Häusern ehemals oder noch immer reicher Händler die Fenster und Erker mit wunderbar feinen Steinmetzarbeiten geschmückt, doch übertreffen die Paläste hier in der Festung diese kunstvollen Arbeiten sogar noch. Ein besonderes Gefühl ist es, sich auf dem marmornen Thron des einstigen Herrschers nieder zu lassen, welcher im Freien steht, und sich vorzustellen, wie dieser, inmitten seines Hofstaates und Dienern, die ihn mit großen Schirmen vor den Strahlen der Sonne schützten, Gericht über seine Untertanen hielt oder deren Huldigungen entgegen nahm. - Ja, das könnte einem schon gefallen...
Auch ein Spaziergang auf den Wehrgängen lässt eine historisierende Stimmung aufkommen. An den übermauerten Zinnen der Wälle und Türme kann man erkennen, daß die Festung über lange Zeiten immer wieder an die neueste Kriegstechnik angepasst wurde, Stadt und Festung Jaisalmer schienen in der Vergangenheit des öfteren stark bedroht gewesen zu sein. Aber mittlerweile hat Peace und Liebe in Jaisalmer Einzug gehalten, denn schon seit etlichen Jahren haben sich ein paar Dutzend Hippies aus westlichen Ländern in dem alten Gemäuer der Festung eingemietet. Zwar ist die hohe Zeit der Hippies schon lange vorbei, doch hier, in der indischen Wüste, ist einer der Plätze, wo es sie noch gibt. Die meisten sind Franzosen, denn der Name 'Jaisalmer' hat in Frankreich einen guten Klang.
Wer will, kann auch von Jaisalmer aus einen Ausflug zu den Sanddünen von Sam machen, den einzigen Wüstendünen in Indien. Auch einige berühmte, über und über mit Reliefs geschmückte Tempel der Jain-Religion gibt es hier. Die "goldene Stadt", wobei diese Bezeichnung, bei aller Liebe, doch etwas übertrieben scheint, ist von einigen Wassertanks umgeben - in Deutschland würde man wohl von Weihern sprechen - welche eine ansehnliche Größe haben und an denen Lustschlösschen und Pavillons erbaut sind. Diese Tanks sicherten einst das Überleben der Stadt, denn sie speichern das Wasser der Monsunniederschläge. Von manchen armen Leuten werden die Tanks immer noch als Wasserlieferanten benutzt. Es lohnt sich, ein Fahrrad zu mieten und auf Erkundung zu gehen bzw. zu radeln, denn nicht nur die Bewohner Jaisalmer's suchten sich am Wasser zu entspannen und errichteten dort Bauwerke, sondern diese Weiher locken auch Tiere an, darunter viele exotische Vögel, welche man beobachten kann. Ein Taschenfernglas kann also gute Dienste verrichten.
Nach zwei Tagen Aufenthalt in der interessanten Stadt, Jaisalmer kann man getrost ein Rothenburg Indiens nennen, ruckelte unser Zug dann wieder östlich, anderen Destinationen in Rajasthan entgegen.