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Indien - Asien |
Wir, also meine Freundin und ich, hatten in Delhi nur ein Ticket nach Agra bekommen und so mußten wir eineinhalb Stunden am Bahnhof dieser Stadt vertrödeln, bevor wir dort endlich für 32 Rupien eine Fahrkarte 2. Klasse mit Platz-Reservierung zur Weiterfahrt nach Varanasi erhielten.
Deshalb wurde die Zeit doch etwas knapp.
Also rein in die nächstbeste Rikscha und, husch husch, ab zum Taj Mahal.
Nachdem wir am dortigen Eingang ein Ticket erstanden hatten, erreichten wir über die Grünanlage das Hauptgebäude, das pompöse und berühmte Grabmal, welches, ganz aus weißem Marmor, auf einer rechteckigen Plattform steht. Mit diesem Mausoleum versuchte einst ein irrer Herrscher dem Tod zu trotzen und seiner Geliebten (und wohl auch sich selber) auf unabsehbare Zeit ein Denkmal zu setzten.
Es scheint zu funktionieren, denn ein indischer Dichter nannte später die Verrücktheit des Taj Mahal verklärend auch 'eine Träne auf der Wange der Zeit'.
An den Außenwänden ist er über und über mit etwas gröberen, an den Innenwänden mit wunderbar feinen Einlegearbeiten aus teuren Halbedelsteinen bedeckt, welche Ornamente mit Pflanzen darstellen, die sogar Licht und Schattenwurf auf den einzelnen Blüten und Blättern zeigen.
Die perfekte Geometrie des Gebäudes ist ja schon oft gepriesen worden, deshalb sollte man sich das schon anschauen, wenn man gerade mal in der Nähe ist.
Nach einer Stunde Besichtigung war es Zeit, sich wieder auf den Weg zum Bahnhof zu machen, denn unser Zug verließ diesen pünktlich um 18:30 und bald darauf machte ich mir es auf der klappbaren Liege, dem Sleeper bequem, von welchen die 2. Klasse in vielen indischen Zügen jeweils einen pro Sitzplatz hatte. Da diese übereinander angeordnet sind, müssen sich allerdings mindestens zwei Passagiere einig sein, denn man kann nicht sitzen wenn die mittlere Liege hochgeklappt ist und die unterste Liege ist die Sitzbank selber.
Begriffen... ?
Man denke sich ein „L“ das zu einem „E“ hochgeklappt werden kann.
Am nächsten Morgen um 8 Uhr erwachte ich also auf der besagten Konstruktion, unser Zug stand auf dem Bahnhof von Allahabad.
Tja, da stand er dann und stand und stand ... etliche Tassen Milchtee und geschlagene fünf Stunden lang! Niemand des Personals vermochte uns zu sagen, wann es weiter ginge.
Laut Fahrplan hätte unser Zug um 13 Uhr das ehemalige Benares erreichen sollen doch es wurde 18:30 als er dann endlich in der Varanasi Cantt Railway Station, dem dortigen Hauptbahnhof, einlief.
Wir hatten jetzt keinen großen Nerv mehr, ein gutes Hotelzimmer zu suchen und so kamen wir für zusammen 25 Rupien (damals 5,55 DM) zunächst in einem recht staubigen Doppelzimmer unter.
Wir waren rechtschaffen müde, denn schon die vorletzte Nacht hatten wir auf dem Bahnhof von Delhi verbracht und auch während der letzten Nacht auf dem harten Brett im Zug war unser Schlaf des öfteren unterbrochen worden. Trotzdem blieben wir nach dem Essen im Restaurant des Hotels noch sitzen, da wir zuerst mit jungen Amerikanern, die einiges über Deutschland wissen wollten, dann mit Indern über Indien ins Gespräch kamen und so wurde es doch fast Mitternacht bis wir uns ins Bett legten.
Am nächsten Tag volles Programm.
Wir suchten und fanden ein angenehmes Hotel an der Godowila, das „Hotel Empire“, hier kostete ein sauberes Doppelzimmer nur 15 Rupien. Dann zum Bahnhof um Tickets für die Weiterreise zu kaufen und weiter zu einer Verabredung mit einem der Inder von gestern Abend. Die platzte allerdings, da in Indien alles seine Zeit braucht und wir deshalb zum einen zu spät, zum anderen wegen mangelnder Ortskenntnis auch noch am falschen Platz eintrafen.
So verschafften wir uns an diesem ersten Tag, leider ohne die angebotene Hilfe des freundlichen Inders, einen ersten Überblick über die Stadt. Wir besorgten uns vom Touristenbüro einen kostenlosen Stadtplan und steuerten einige Tempel und Sehenswürdigkeiten, so auch einige der Ghats (rituelle Badeplätze mit Stufen) am Ganges an. Wir waren schon seit etlichen Wochen in Indien und hatten es uns angewöhnt, mit den Rikscha-Fahrern keinen Preis mehr auszuhandeln, da wir diesen längst selbst abschätzen konnten. Wir hielten einfach ein derartiges Gefährt an, nannten das Ziel und stiegen so selbstverständlich ein, als ob wir uns in der jeweiligen Stadt schon bestens auskannten. Nach Abschluß solcher Fahrten gab es nie Probleme, wenn wir wortlos den geschätzten Betrag bezahlten. Nur das separat überreichte Trinkgeld von einigen Pfennigen, das man als „reicher Ausländer“ anstandshalber gibt und das beinahe so hoch wie der spottbillige eigentliche Fahrpreis zu veranschlagen ist , wurde von einem „Bakschisch!“ unsererseits begleitet und erzeugte stets ein zufriedenes Schmunzeln.
Bei Taxis oder Dreirad-Scootern ist ein solches Vorgehen allerdings nicht zu empfehlen, will man am Ende der Fahrt einen lautstarken und nervenaufreibenden Streit um den Lohn, welcher stets auch zahlreiche Neugierige anlockt, vermeiden.
Auch weil das Einkommen von Rikscha-Fahrern, welche zumeist nicht Besitzer der Fahrzeuge sind, wesentlich geringer als jenes der Taxi- oder Scooter-Fahrer ist, sollten sich Touristen bei nicht zu allzu weiten Strecken von den Rikschas transportieren lassen. Wenngleich es anfangs ein etwas seltsames Gefühl sein mag, sich von einem schwitzenden Mann in ärmlicher Kleidung durch die Straßen strampeln zu lassen. Ein etwas höheres Trinkgeld kann in einem solchen Fall ja das Gewissen des Touristen ruhig stellen. Doch sollte dieser sich hüten, mit seinem relativen Reichtum zu protzen und etwa Bettlern völlig überzogene Spenden zu überreichen. Die Inder selbst gaben den Bettlern Beträge bis zu 25 Paisa, meist weniger. Paisa, das waren jene inzwischen abgeschafften Kleinmünzen, von welchen 25 damals in etwa 5 Pfennigen entsprachen. Als Touristen gaben wir den Bettlern in der Regel doppelt so viel.
Wer wirklich den Mittellosen helfen will, sollte besser Geld an vertrauenswürdige Hilfsprojekte spenden, die dauerhaft wirksam die Situation der untersten Schichten zu bessern versprechen. Dies allerdings ist auf dem riesigen Subkontinent eine Mammutaufgabe, die nur durch die fortschreitende Entwicklung des Landes selbst zu lösen ist.
Müde erreichten wir unser Hotel erst wieder kurz vor Einbruch der Dunkelheit, wo wir uns zunächst frisch machten, bevor wir im Restaurant den üblichen Reis mit Gemüse und Linsen zu uns nahmen. Zum Ausklang des Tages setzten wir uns dann zu Limonade und Plaudereien mit anderen Gästen, zumeist ebenfalls Touristen, auf die Dachterrasse.