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Indien - Asien |
Erneut ein Bericht über das weltberühmte Brahma Fest, das Pushkar Mela (auch Kartik Purnima oder Camel Fair) in Rajasthan? Ja, denn erstens ist der Bericht 26 Jahre alt, ein guter Vergleich für jemand der das Festival später besucht hat oder noch besuchen möchte. Zweitens hat jeder Mensch eben eine eigene Sicht der Dinge.
Wir hatten Pushkar (dt. auch: Puschkar) bereits drei Wochen vor dem Pushkar Mela besucht, um uns in dem kleinen Ort, der malerisch an einem See inmitten von Bergen liegt, an das indische Klima zu gewöhnen.
Das Dorf bzw. die kleine Stadt mit seinen vielen Tempeln ist von Bergen und sandiger Steppe umgeben. Pushkar ist einer der heiligsten Plätze der Hindus, angeblich sollte es hier 500 Tempel und Tempelchen geben, was ich aber nicht so recht glauben konnte.
Brahma (Sanskrit: Der Göttliche) ist der Schöpfergott des Hinduismus und wenn auch sein Kult an Popularität, wie der fast aller "alten" Götter (etwa der Indras), zu Gunsten des Kultes von Vishnu und Shiva verloren hat, wird er als das "unfassbare Weltprinzip" noch immer verehrt. Brahma fielen drei Lotosblüten aus der Hand, dort wo sie die Erde trafen, bildete sich je ein See, einer davon ist der See von Pushkar.
Ein alter Tempel in diesem Ort ist deshalb so heilig, weil dies der einzige Ort auf unserem Planeten ist, an dem sich Brahma je manifestiert hat.
Im Vollmond des Monats Kartik (Oktober/November) steigt der Gott in die Gewässer des See´s von Pushkar um zu baden und heiligt dadurch diesen Platz. Ein Bad im See hat eine ähnliche Bedeutung wie die Beichte im Katholizismus, ist jedoch in der Nacht des Bades von Brahma besonders reinigend.
Wir hatten bei unserem ersten Aufenthalt ein wunderschön gelegenes Zimmer im einzigen Hotel, dem "Tourist Bungalow", mit einer großen Terrasse über dem Wasser. Nachts klang leise das Trommeln, der Klang der Gebetsrasseln und der Singsang der Betenden über den kleinen See und mischte sich mit dem klagenden Miauen der vielen Pfauen.
Erst vor Ort erfuhren wir, daß in ein paar Wochen ein großes Festival stattfinden sollte, und das Hotel war, wie alle anderen Unterkunftsmöglichkeiten auch, schon seit Monaten für diese Zeit ausgebucht. Von diesem "Pushkar Mela" aber hatten wir vorher noch nie etwas gehört.
In Pushkar waren relativ viele Leute unterwegs, ein Rummel der Heilsuchenden aus vielen Ländern und Regionen, ähnlich dem der großen katholischen Wallfahrtsorte. Da waren Bauernfamilien in der bunten roten und gelben Landestracht. Reiche wohlbeleibte Familien aus der Stadt. Männer mit schwarzen Jacketts und einer weißen weiten Hose aus dünnem Stoff, hohe schwarze Käppis auf dem Kopf, Brahmanen. Heilige Männer im Lendenschurz, seltsame Zeichen auf die Stirn gemalt. Westliche übriggebliebene Hippies in bunter Kleidung und mit verfilzten Haaren, die bei ihrem Lieblingsdrink "Lassi", einer Joghurt-Wasser Mischung, in den kleinen Kneipen saßen und einige wenige normale Touristen wie wir.
Und natürlich diejenigen die aus dieser Heilsuche und den Touristen Kapital schlagen wollten.
Läden boten Götterstatuen und andere Devotionalien feil. Männer mit Schlangen wollten ein paar Paisa´s, Sadhus (fromme "Asketen") gleich eine Rupie, Kinder bettelten um Bakschisch und ein Flötenspieler folgte mir fünf Minuten lang und blies mir die Ohren voll um hinterher Geld zu verlangen, was er natürlich nicht bekam.
Der Aufenthalt war zuerst sehr erholsam, und wir hatten Zeit uns an das ungeheuer scharfe rajasthanische Essen, das wir in den billigen Garküchen des Ortes für ein paar Pfennige erhielten, zu gewöhnen. Auch tranken wir Wasser aus der Leitung, bis uns der Hotelmanager aufklärte, daß das kein Wasser aus einem öffentlichen Leitungsnetz war. Das Wasser des See`s, in den auch die Fäkalien flossen, wurde mittels einer Pumpe in einen Tank auf dem Dach befördert und versorgte von dort aus die Leitungen des Hotels. Es war zu spät, uns beide überkam eine üble Darminfektion an der wir einige Tage laborierten.
Dieser Vorfall veranlasste mich für alle Zukunft, mich erst zu vergewissern ob es sich wirklich um Trinkwasser handelte, bevor ich wieder aus einer Leitung Wasser trank.
Übrigens habe ich mich niemals an jene unsinnigen Ratschläge gehalten, keinen Salat, keine Eiscreme, kein ungeschältes Obst usw. zu essen. Ab und zu eine Darminfektion gehört eben dazu und wichtiger ist vor allen Dingen, darauf zu achten, daß hygienische Mindeststandards in den Küchen eingehalten werden, was zugegebener Maßen teils schwierig ist. Ein Koch jedoch, der nichts zu verbergen hat, lässt gerne einen Blick in seine Küche zu, und offene Garküchen bieten den Vorteil, daß vor den eigenen Augen gekocht wird.
Wer sich wirklich eine gefährliche Infektion einhandelt, der hat eben Pech gehabt und niemand ist davor gefeit.
Jedenfalls ließ der Hotelmanager ab jetzt Kannen mit trinkbarem Wasser aus einem Grundwasserbrunnen auf unser Zimmer bringen. Daß in den Leitungen das Wasser aus dem See floß, war jedoch ein besonderer Service für die indischen Gäste. Diese konnten auf diese Art ihre Sünden bequem unter der Dusche loswerden.
Als ich eines Morgens den Innenhof des Hotel´s betrat, saß dort ein alter Bekannter aus Deutschland, von dem ich wußte, daß auch er zur Zeit in Indien war. Großes überraschtes Hallo und nach Besprechung der gegenseitigen Reisepläne beschlossen wir eine gemeinsame zweiwöchige Rajestan Rundreise, um zum Festival wieder zurück zu sein.
Zunächst wollten wir jedoch am nächsten Abend den beherrschenden Hügel, den Ratnagiri auf der anderen Seite des Sees besteigen, auf dem der Saraswati Tempel thronte, um dort den Sonnenuntergang zu genießen.
Da ich nicht gut im Bergsteigen bin, startete ich meine Tour zwei Stunden vor meinen Gefährten. Der Pilgerweg führte steil, teils über Stufen nach oben. Anfangs kamen mir noch viele Pilger entgegen, jedoch wurden es immer weniger und schließlich war der Pfad menschenleer.
Auf einem zwei Meter breiten Absatz, dessen Kante fast zehn Meter senkrecht in die Tiefe führte, legte ich eine meiner zahlreichen Erholungspausen ein. Jetzt stiegen wieder zwei junge Männer den Pfad herab. Der Ganove stand beiden in´s Gesicht geschrieben. Als sie mich sahen, unterhielten sie sich und kamen dann auf mich zu.
Ich stellte mich mit dem Rücken zum Fels.
Sie taxiertem mich wie eine Beute und tasteten mich mit Blicken ab, um herauszufinden wo ich wohl mein Geld versteckt hätte, dabei unterhielten sie sich auf Hindi. Sie kamen der Wahrheit nahe, wie ich feststellte und ich war fest entschlossen, beim ersten Anzeichen der Aggression den einen der beiden mit einem blitzschnellen Fußtritt über den Rand der Klippe zu stürzen und den anderen augenblicklich mit Fäusten zu anzugreifen.
Ob ich denn alleine unterwegs wäre.
"Nein, ich bin meiner Gruppe vorausgegangen", log ich freundlich um sie in Sicherheit zu wiegen.
Jetzt wagten sie es sogar nach meinem Geld zu fragen.
"Das ist in meinem Hotel", kam meine Lüge jetzt noch freundlicher, die Situation spitzte sich zu und ich war bitter entschlossen alles zu wagen.
Sie mochten meine Entschlossenheit doch unter der freundlichen Maske ahnen, auch warf der andere jetzt einen Blick über die Klippe.
Sie standen denkbar ungünstig.
Er wechselte mit seinem Kollegen noch ein paar Worte in Hindi und sie traten den Rückzug den Pfad hinunter an.
Das nächste Mal würde ich bei so einem Spaziergang mein Messer mitnehmen! Indien war keineswegs so gewaltlos und friedliebend wie die Inder sich selbst gern sahen. Ein Menschenleben war in diesem riesigen Land manchem wenig wert.
Ich erreichte den Gipfel, kurz vor Sonnenuntergang, fast gemeinsam mit meinen Gefährten. Der Brahmane wollte den Saraswati Tempel gerade schließen als er uns sah und aufforderte, einzutreten. Wir waren jedoch nur wegen des Sonnenuntergangs gekommen und lehnten dankend ab. Der Sonnenuntergang war leider nicht sehr spektakulär, die Sonne versank einfach im gelben Dunst, und wir traten im Licht unserer Taschenlampen den Heimweg an.
Zwei Tage später starteten wir unsere zweiwöchige Rundreise durch Rajasthan.
Als wir von dieser zurück kamen, merkten wir schon im 15 Kilometer entfernten Ajmer, der nächstgelegenen großen Stadt vor Pushkar, die Veränderung.
Während unserer Rundreise hatten wir den größten Teil unseres Gepäcks im "Cloak Room" des jetzt völlig übervölkerten Bahnhofs von Ajmer deponiert. Nun reduzierten wir zum Festival noch einmal, bis auf das Allernötigste, das in einer kleinen Umhängetasche Platz fand. Dann begaben wir uns zu dem extra für das Fest eingerichteten Busbahnhof etwas außerhalb des Zentrums von Ajmer.