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Türkei - Asien |
Am nächsten Morgen fuhr ich mit einem Bus nach Denizili, der nahe Pamukkale gelegenen Kreisstadt. Ich ging die Sache langsam an, blieb für eine Nacht in einem Hotel in Denizili und besah mir das beschauliche Städtchen, bevor ich am nächsten Morgen zu den etwa 20 KM entfernten Sinterterrassen fuhr.
In dem unterhalb der schneeweißen Terrassen Pamukkales gelegenen Dorf fand ich nun eine reizende Pension, günstig, sauber und mit kleinem Schwimmbecken, das auch aus dem Wasser der Mineralquellen gespeist wurde und demzufolge auch bereits einen weißen Sinterüberzug hatte. Die Pension war einst ein Bauernhof gewesen, einige Hühner gackerten noch und Obstbäume standen im Garten neben der bewachsenen Pergola, die als Restaurant diente.
Etliche Bäume spendeten auch zwischen den Häusern des Dorfes Schatten, an dessen Rand meine Unterkunft lag. Ruhiges türkisches Landleben vom feinsten, zumal es zwar nur eine kleine, dafür aber feine Gerichteauswahl gab, welche die Mutter des Hauses Mittags und Abends nach türkischer Hausfrauenart zubereitete. Aufgrund der guten Küche in meiner Pension, speiste ich in den etlichen Tagen die ich in Pamukkale blieb, kein einziges Mal außer Haus.
Es gab natürlich viele Touristen in dem berühmten Ort. Die jungen wohnten in den kleinen Pensionen unterhalb der Sinterterrassen, die älteren in den teuren Hotels oberhalb. Auch viele türkische Touristen gab es hier, nur war hier die Verteilung nicht nach Alter, sondern ausschließlich nach Geldbeutel gestaffelt.
Auch ein französisches Pärchen hatte sich in einem der wenigen Zimmer unserer Pension eingemietet.
Ich unterhielt mich gerade mit einigen Deutschen unter der Pergola, als ein türkisches Paar aus Ankara eintraf, das ein Zimmer vorbestellt hatte. Der Einzug dauerte etwas und ich achtete nicht weiter auf die beiden. Als ich zwischendurch aufblickte, sah ich den Mann gerade rasch um die Ecke des Hofes kommen und sich zu seiner mit Kopftuch und langem dünnen Mantel bekleideten Frau gesellen.
Es dauerte nur wenige Sekunden, schon eilte die Französin in Badelatschen, einem eilig um den Körper geschlungenem großen Badetuch, das sie mit der Linken am Hals umklammert hielt und wütender Miene aus dem Hauseingang, stürmte auf den Türken zu und verpasste ihm eine laut schallende Backpfeife.
Sofort kam natürlich die ganze Wirtsfamilie aus ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsraum, der „Rezeption" geeilt und fragte, was denn los sei.
Der Türke hatte die Französin beim Duschen durchs Fenster beobachtet und war von dieser entdeckt worden. Er hätte doch nur die "Pfirsiche" auf dem Baum hinter dem Haus betrachtet, rechtfertigte er sich. Seine Frau stand mit finsteren Augen während der ganzen Szene wortlos neben ihm.
Unter diesen Umständen musste sich der Wirt natürlich weigern ein Zimmer an das türkische Paar zu vermieten, die Französin bebte vor Zorn. So machten die Hauptstädter sich wieder auf den Weg. Wer die Frau des Voyeurs aus Gelegenheit sah, dem war klar, daß diese Sache für den guten Mann noch längst nicht vorbei war, die hübschen Pfirsiche würden ein hässliches Nachspiel haben.
Frauen in der damaligen Türkei ließen sich übrigens bezüglich ihrer Bekleidung in drei Gruppen einteilen, und alle drei waren sie in der Pension vertreten. Die Chefin des Hauses trug schmales Kopftuch und langen Rock, aber erkennbar nicht aus religiös-politischen Motiven, sondern weil das schlicht und einfach die normale Tracht der weiblichen Landbevölkerung war. Auch außer Haus blieb diese Bekleidung die gleiche und höchstens vielleicht beim Besuch der Moschee schlüpfte sie zusätzlich in einen Mantel. Vor allem in den Städten trugen sich national oder betont religiös gebende Frauen das gleiche große Kopftuch, sowie einen zumeist hellen bis an die Waden reichenden Mantel aus dünnem Leinen, wie diese Frau aus der oben geschilderten Szene. Die dritte Variante repräsentierte eine angehende junge Hotelfachkraft, welche ebenfalls aus Ankara war, und die in meiner Pension gerade ein Praktikum absolvierte. Diese junge Frau war nach moderner westeuropäischer Mode gekleidet. Schon allein die Tatsache, daß sie so ganz alleine so weit von zu Hause eine Ausbildung absolvieren durfte, zeugte von der Toleranz ihres Elternhauses. Diese westliche Bekleidung ging allerdings nicht so weit, daß "aufreizende" Kleider, sprich kurze Miniröcke oder ähnliches getragen wurde. Auch Touristinnen ist außerhalb der Badeorte am Mittelmeer von derartiger Bekleidung dringendst abzuraten. Erstens ist so ein Outfit respektlos gegenüber der fremden Kultur, und zweitens gefährlich. Auch Männer in kurzen Hosen waren nicht gerne gesehen, obwohl man sich zumindest in Pamukkale schon etwas daran gewöhnt hatte. Man sollte bedenken, daß freizügige westliche Bekleidung in der Türkei auf die Türken etwa gerade so wirkt, wie von Kopf bis Fuß verhüllte Türkinnen auf unseren Straßen auf die Deutschen. Und sodann gibt es ja auch noch unterleibsgesteuerte Männer, welche leichte Bekleidung...
Im Dorf und in der Kneipe, die ich ab und an aufsuchte, wurde man öfters von sich geheimnisvoll gebenden jungen Leuten angesprochen. Diese zeigten „antike“ Gegenstände die aus „illegalen Grabungen“ stammten.
Einer bot mir eine große Münze an, „echt antik“.
Als ich ihm erklärte ich sei Techniker und würde auf den ersten Blick erkennen, daß die Münze neu sei, wollte er wissen, diesmal wirklich leise und in Sorge andere Touristen im Lokal könnten unser Gespräch hören, woran ich das denn erkannt hätte und ob ich Tipps hätte, wie man das besser machen könne.
Die Münze war aus Bronze gegossen, absolut rund, exakt zentriert und lediglich mit einem Chemikalienbad behandelt worden um eine Patina zu erzeugen. Sonst zeigte sie keinerlei Gebrauchsspuren, doch hütete ich mich, ihm das zu sagen.
Als ich eines Nachmittags mit einer kleinen Gruppe aus unserer Pension unterwegs war, wurden wir wieder einmal mit verschwörerischer Miene angesprochen und gingen spaßeshalber mit. Der junge Mann trieb es sogar so weit, daß er sich demonstrativ an der Türe des Hauses, in das er uns führte, nach allen Richtungen umsah, ob uns auch niemand beobachtete, bevor er die Tür zuzog.
Die Gefäße, Lampen und Figuren waren allesamt entweder heil oder sichtbar mutwillig beschädigt, mit scharfen Bruchkanten, die Öllampen zeigten keinerlei Reste von Ruß, die Reliefs waren ohne Spuren von verbackener Erde und man hatte den ganzen Ramsch lediglich mit etwas Dreck abgerieben.
Natürlich erwarben wir nichts, doch hatten wir großes Vergnügen an der Vorstellung.
Selbst wenn das Zeug echt gewesen wäre, was soll man mit solchem Kram? Außerdem darf man sich bei der Ausreise aus der Türkei auf gar keinen Fall mit echten antiken Relikten erwischen lassen, drastische Strafen auch für Kleinigkeiten wären unausweichlich. Vor einigen Jahren zum Beispiel wurde ein deutscher Tourist in den Knast verfrachtet. Er hatte einen Kieselstein mit nach Hause nehmen wollen den er wohl am Strand gefunden hatte und der noch einige Kratzer einer einstigen Bearbeitung trug.
Täglich besuchte ich die Sinterterrassen, deren Becken vom Thermalwasser gespeist wurden und machte mir Schlammpackungen. Ab und an unternahm den einen oder anderen Ausflug in die nähere Umgebung.
Eines Morgens bezahlte ich meine Übernachtungen, nahm einen Bus nach Denizili und fuhr von dort aus durch die reizvolle, teilweise bewaldete Gebirgslandschaft nach Eğridir.
Dieser Ort lag hübsch am Südufer des gleichnamigen Sees, der etwa 80 % der Größe des Bodensees hat und von Bergen umgeben ist. Ausländische Touristen gab es hier keine und auch türkische Touristen gab es nicht sehr viele. So gab es hier nicht viel Unterhaltung, lediglich einige Restaurants, in denen man im Freien sitzen und den Seeblick genießen konnte. Im Eğridir-See lag eine bewohnte Insel, die allerdings durch einen ziemlich neu aufgeschütteten Damm mit dem Festland verbunden war.
So sehr dieser die Romantik störte, war er für die Bewohner der Insel doch ein großer Vorteil. Vor allem im Herbst und Frühjahr, wenn das Eis nicht tragfähig war und die Inselbewohner vor dem Bau des Dammes während dieser Zeit wohl von der Außenwelt abgeschnitten waren.
Ein ziemlicher Nordwind erzeugte ein ganz hübschen Wellengang im See, als ich die dicht besiedelte Insel besuchte. Hier gab es überhaupt keine Einkehrmöglichkeit, alle Häuser der Insel waren eingeschossig und in dem einfachen Stil errichtet, der in der ländlichen Türkei damals allgemein üblich war. An der Ostseite hatten ein paar Fischerboote festgemacht, der See von Eğridir ist fischreich und begerbergt viele Krebse.
Nach zwei Übernachtungen fuhr ich morgens weiter nach Konya.