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Philippinen - Asien |
Nach all diesen Abenteuern lief also unser Boot in die Bucht von El Nido ein, dessen warme Petroleumlichter uns den Weg zum Landungssteg wiesen. Wie lieblich und ruhig dieses zauberhafte 'Nest' doch im Mondschein unter den lotrecht und hoch aufragenden Felsen und unter hohen Palmen am Ufer der fast unbewegten See hinter den Riffen lag! Noch nie hatte ich mich so über die Lichter eines Hafens gefreut, auch wenn EL Nido eigentlich gar keinen richtigen Hafen besaß, sondern nur ein paar kurze Stege und Plattformen, an denen bei Flut jene Auslegerboote anlegten, welche nicht auf den Strand gezogen wurden.
Außer den Israelis und uns trieben sich um diese Jahreszeit nur sehr vereinzelt ein paar Japaner in El Nido herum, die allermeisten von ihnen hatten auch keine Wohnung hier genommen, sondern einen Pauschalaufenthalt auf irgendeiner der zwei oder drei Inselressorts vor der Küste gebucht. Genaugenommen übernachtete gerade eigentlich nur ein einziger der Japaner in El Nido, weshalb wir bei der Wahl unseres Bungalows absolut freie Auswahl hatten. Nachdem wir uns im Schein einer Funzel und meiner Taschenlampe in einem schönen Bungalow gleich neben dem Haus des Besitzers eingerichtet hatten, - daß es in El Nido elektrischen Strom nur durch zwei oder drei Generatoren gab, erwähnte ich ja schon, glaube ich -, meldete sich unser Hunger.
Es gab zwei Restaurants in dem kleinen Ort. Das eine servierte hauptsächlich Fisch - eigentlich nichts für mich, denn ich mag Fisch nicht sonderlich. Aber, es gab auch Lobster! Die große Portion sollte umgerechnet acht Mark kosten, die kleine etwas mehr als die Hälfte. Fisch war natürlich wesentlich billiger, aber, wie gesagt...
Da ich Hummer natürlich nun gerne esse, aber auch sparsam bin, bestellte ich eine kleine Portion, meine Freundin aß sowieso keine Riesenportionen. Die Kellnerin brachte zwei Platten:
"Ich hatte doch kleine Portionen bestellt!"
"Das sind kleine Portionen!"
Auf jeder Platte lagen vier große Hummer! Leider aber gab es als Beilage nur Reis, und auch eine Creme oder Soße hätte den Hummern gut getan. Aber sie schmeckten auch so, ich aß deren fünf, denn meine Freundin schaffte nur drei - da waren die Beilagen unwichtig!
An Fleisch gab es in El Nido nur gelegentlich Huhn, und zwar im anderen Restaurant, das wir während unseres Aufenthaltes in El Nido auch frequentierten. Dieses hatte überhaupt eine etwas größere Auswahl, servierte aber keinen Lobster. Hier war das Stammlokal der beiden Israelis, da das andere Restaurant keine Gerichte ohne Fisch oder Hummer servierte und sich das Paar ausschließlich vegetarisch ernährte. Die freundliche und redselige Besitzerin des Lokals, so um die Fuffzich, kochte gut, aber, daß die Israelis Vegetarier waren, daran hatte sie zu kauen. "Haha! Die essen sogar alte braune Kokosnüsse - alte braune Kokosnüsse!" Bemerkte sie einmal, beinahe fassungslos ein paar mal lachend, als das israelische Paar gerade gegangen war. Was uns Europäern überhaupt nicht ungewöhnlich vorkommt, das sehen die Bewohner der Tropen anders, dort sind solche braunen Kokosnüsse, wie man sie bei uns manchmal im Supermarkt bekommt, gerade mal als Futter für die Schweine gut genug. Dort werden nur die jungen, grünen und saftgefüllten Nüsse verzehrt, die einen weichen Rand aus geleeartiger Masse besitzen. Auch Vegetarier sind in den Augen der überwältigenden Mehrheit der Weltbevölkerung - außer in einigen wenigen Ländern aus religiösen Gründen - ein Luxus mancher Bewohner von westlichen Ländern. Eine Spinnerei von einigen Übersatten, sozusagen.
Im Ort gab es sogar einen Bäcker, doch leider war die junge Republik der Philippinen ja Ende des 19. Jahrhunderts von den Amerikanern überfallen und in einem erbarmungslosen langen Krieg zur Kolonie gezwungen worden. Das rächte sich jetzt, denn die philippinischen Bäcker stellten, nach US-Vorbild, nur so ein pappiges ungenießbares Zeug her, das auch die Amis für Brot halten. Immerhin wurde aber auch Zuckergebäck hergestellt, so, daß wir wenigstens das Frühstück in unseren Bungalow einnehmen konnten.
Wir wollten eines Tages gerade eine Mahlzeit bei der freundlichen Misses einnehmen, als wir beim Eintritt bemerkten, daß es hochoffiziell herging. Ein Schreiber vermerkte etwas in Schriftstücken, der Bürgermeister führte den Vorsitz und vier Männer mit etwas unsicheren Gesichtern saßen erwartungsvoll auf Stühlen. Schnell wurden wir von der Wirtin aufgeklärt, was geschehen war. Ein Fischerboot war heute morgen eingelaufen, entsprechend gebaute Auslegerboote fahren zum Fischen oft sehr weit hinaus auf die hohe See. Das Boot hatte dort draußen auf dem Meer die vier Männer im Wasser entdeckt. Schiffbrüchige deren Boot im letzten Taifun gesunken war. Fast eine Woche lang waren sie, an Trümmer und Netzbojen geklammert, im Meer getrieben - Rettung in allerletzter Minute! Ihr Überleben hatten sie einzig einem treibenden, halbgefüllten Trinkwasserkanister aus ihren Boot zu verdanken. Sie hatten sich schon an Bord des Bootes, das sie fand, wieder einigermaßen erholt und waren hier mit Kleidung ausgestattet worden. Jetzt ging es um die Heimreise, denn die Männer waren auf Mindoro in See gestochen! Doch wer sollte diese Reise bezahlen? In solchen Fällen war die Gemeinde verpflichtet, diese Kosten zu übernehmen, was sie wohl aber nur ungerne tat, vor allem, wenn die Schiffbrüchigen so weit von der Heimat entfernt waren. Jedenfalls zeigte der Bürgermeister eine sorgenvolle Miene, und man wollte wohl die vorgesetzte Behörde um Unterstützung ersuchen, übersetzte meine Freundin.
El Nido ist auf drei Seiten von praktisch senkrechten, vielleicht 80 bis über 100 Metern hohen Felsen umgeben. In etwa 40-50 Metern Höhe konnte man entlang der ganzen Küste sehen, wie vor vermutlich Millionen von Jahren, als es noch keine Eiskappen an den Polen gab, jahrtausendelang die Brandung des Meeres den Fels ausgehöhlt hatte. Die andere Möglichkeit war, daß sich die Felsen durch tektonische Verschiebungen allmählich angehoben hatten, dagegen sprach allerdings das Fehlen von Brandungsspuren unterhalb dieser scharf umrissenen Linie. Wie dem auch sei, waren diese Höhlungen der ideale, weil geschützte Brutplatz für eine besondere Art von Vögeln, Salanganen genannt, jene Vögel, aus deren wertvollen Nestern die berühmte chinesische Vogelnestsuppe gekocht wird. Die an den Fels geklebten Nester bestehen nämlich aus einem Sekret, welches diese Vögel absondern und sollen deshalb essbar sein. Jedenfalls sind sie sehr teuer, ein schönes Nest konnte damals gut hundert Mark einbringen. Freilich ist die Kletterei in diesen steilen Felsen auch absolut lebensgefährlich.
Die Wirtin des Restaurants hatte mich nun ins Herz geschlossen. Als wir uns eines Abends über die Vögel unterhielten, zeigte sie uns ein solches Nest, das sie von irgend jemand einmal erhalten hatte. In einer spontanen Regung schenkte sie es mir, doch leider ist es beim Transport zerbrochen. Die Bruchstücke besaß ich zwar noch viele Jahre, doch zerbröselte es immer mehr, so, daß ich es eines Tages weg warf.
In El Nido hatte sich ein Deutscher mit seiner philippinischen Frau niedergelassen - nicht einer von der Sorte, für die dieses Land die einzige Zuflucht ist. Er betrieb hier nämlich eine Tauchstation und gab Tauchkurse, jetzt, außerhalb der Saison, war natürlich nicht viel los. Ein weiterer Tourist war aber nach El Nido gekommen und dieser wollte tauchen, doch lohnte sich die Fahrt mit dem Boot wegen eines einzelnen Tauchers nicht. Deshalb wurden wir angesprochen, und zwar alle, der Japaner, die Israelis und ich, ob wir denn nicht mit wollten. Da wir ja keine Taucher seien, könnten wir zu einem erheblich verbilligten Betrag mitfahren, wir würden Inseln besuchen und könnten schnorcheln und picknicken. Na, das hörte sich doch gar nicht schlecht an, und so sagten alle zu.
Wir schoben also eines morgens das recht große Auslegerboot ins Wasser, der Deutsche gab uns einige Verhaltensmaßregeln, die das Verhalten des Bootes betrafen, dann nahmen wir Fahrt auf.
Auf der oberen Ansicht, das Foto entstand allerdings ein paar Tage später - bei der Rückfahrt nach Bato, sieht man, wie solche Boote oft im Inneren aussehen. Die beiden Sitzbänke, entlang der Bootslänge rechts und links, sind allerdings kein Teil des Bootskörpers mehr, sondern stehen über. Die Bootsbreite entspricht nun den Innenkanten dieser Bänke. Man erkennt also, wie schmal diese Boote eigentlich sind. So wird leicht begreiflich, daß die beiden Ausleger unbedingt für die Stabilität des kiellosen Fahrzeugs von Nöten sind.
Nach einiger Fahrt hielten wir an einer großen Klippe an und warfen Anker. Der Deutsche machte uns auf einen Adler aufmerksam, den unser Bootsgeräusch aufgeschreckt hatte. Hier sei ein gutes Tauchrevier, bis zu vierzig Meter Wassertiefe mit Felsriffen, aber auch das Schnorcheln entlang der Felsen sei höchst interessant. Die beiden Taucher verschwanden im Wasser, während die Israelis die Schnorchel anlegten und ein wenig an der Klippe entlang schwammen. Da trank ich doch lieber mit dem Japaner zusammen ein Bier. Es dauerte lange, bis die Taucher wieder nach oben kamen, obwohl sie nicht bis ganz an den Grund getaucht waren, aber es gab eine weitere Verzögerung, der Anker hatte sich in einem Riff verhakt, und einer der beiden tauchte erneut, um den in 20 Meter Tiefe festsitzenden Anker zu lösen. Die beiden hatten ein paar interessante Dinge mitgebracht, zu Beispiel eine wunderschöne große schwarze, mit goldfarbenem Perlmutt gezierte Muschelschale, aus welcher ein großer Krake mit seinem Schnabel ein scharf begrenztes Stück sauber herausgetrennt hatte. Jetzt folgte eine Sightseeing-tour zwischen den vielen kleinen Inseln und Kalkklippen, dann steuerte das Boot scheinbar direkt auf eine Felswand zu. Erst vielleicht hundert Meter vor der Wand bemerkte man, daß sie einen schmalen Eingang hatte, der sich dann zu einer ansehnlichen Bucht, eine Art Kessel, weitete. An manchen Stellen war ein kleiner Strand und an einem davon legten wir an. Wir sollten beim Waten im seichten Wasser vorsichtig sein, wenn der Grund felsig sei, denn hier gebe es die tödlich giftigen Steinfische, meine der Skipper. Das Wasser war ruhig und kristallklar, man konnte den Grund sehen, selbst wenn das Wasser mehr als einen Meter tief war - jedoch verfügen die Biester ja über eine Tarnung und so war ich wirklich vorsichtig, als ich die Bucht erkundete.
Die Israelis schnorchelten wieder - wir sollten das doch auch mal machen, sie hätten sogar kleine Haie gesehen! Haie? Kannte ich schon - aus der Glotze! Welch ein Esel ich damals war, wurde mir erst ein paar Jahre später klar, als ich zum ersten Mal, fast gezwungenermaßen, an der thailändischen Küste in einem Korallenriff schnorchelte. Nach zwei oder drei Stunden Aufenthalt, wir hatten etwas zu Essen mitgebracht, legten wir dann wieder ab und fuhren zurück nach El Nido.
Unser dortiger Aufenthalt neigte sich dem Ende zu, wir wollten, genau wie das Paar aus Israel, als nächstes zum 'Underground River', einem Nationalpark, der etwa auf halber Strecke zwischen El Nido und Puerto Princesa ebenfalls an der Westküste von Palawan lag.