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Philippinen - Asien |
Unser nächstes Ziel war Port Barton, der Ausgangspunkt für Bootsfahrten zum St. Paul Subterranean National Park und der St. Paul Cave, einer Wasserhöhle, welche dem Nationalpark den Namen gegeben hatte. Es war von Bato aus nicht ganz einfach gewesen, hierher zu kommen. In Bato wurden wir von zwei jungen Leuten auf privaten Mopeds, das Gepäck hinter uns, zunächst nach Taytay gefahren. Das dauerte, denn die beiden Mopeds mussten natürlich ein paar Mal hin und her fahren, denn diesen Abschnitt wollten wir nicht nur mit dem israelischen Paar, sondern auch mit dem Japaner gemeinsam bewältigen. Im kleinen Taytay fuhr angeblich an diesem Tag kein Jeepney mehr ab, aber das hatten wir ja schon öfters. Es gab eine kleine, vollständig erhaltene, alte spanische Festung in Taytay, welche am Eingang eines perfekten natürlichen Hafenbeckens errichtet war. Besichtigen konnte man die Festung nicht, sie war durch ein großes Vorhängeschloss verriegelt. Gefährliche Schlangen sollten darin hausen - wahrscheinlicher aber schien mir, daß die Einheimischen in der Festung etwas vor neugierigen Blicken versteckten. Denn: "Vor vierzehn Tagen hat man vor der Festung die Leiche eines Ermordeten gefunden!" flüsterten uns die Kinder des Ortes zu. Jedenfalls fuhr doch noch ein Jeepney, als wir keine Anstalten machten, in der einzigen Lodge von Taytay einzuchecken. Weshalb wir Port Barton doch noch an diesem Tag erreichten.
Den Bungalow, den wir dort bekamen, den übergehe ich lieber, denn seine Einrichtung und Lage waren ja ok, jedoch bekamen wir nächtlichen Besuch von einer Ratte, die ein ziemliches Geraschel veranstaltete. Meine Freundin störte das nicht, mich schon, aber wir wollten ja eh nur drei Tage bleiben und vermutlich suchte das Ekeltier sowieso alle bewohnten Bungalows heim, da hätte ein Umzug dann auch nicht geholfen.
Die Fischer von Port Barton hatten eine Cooperative gegründet, zum Schutz der Touristen, wie es hieß. Es waren natürlich viele darauf scharf, jetzt, in der 'Saure Gurken'-Zeit, vier Touristen in den Nationalpark fahren zu dürfen und wir konnten uns ein Boot aussuchen. Der Japaner hatte uns an der Abzweigung der Straße nach Puerto Princesa verlassen, er wollte versuchen, die Strecke dorthin heute noch zu bewältigen.
Eines der Angebote kam nun von einem Mann, der erst vor ein paar Jahren aus Manila hierher gezogen war. Er hatte ein ziemlich neues, schön angestrichenes Boot, während die Boote der alteingesessenen Seeleute nun halt schon etwas benutzt aussahen, mit abgescheuerten Farben. Dafür waren ihre Boote aber meist etwas größer, da es eigentliche Fischerboote waren.
Wir sollten bloß nicht mit dem Mann aus Manila fahren, hieß es, der Mensch hätte von christlicher Seefahrt keine große Ahnung. Alleine konnten wir uns natürlich diese Fahrt nicht leisten, schon die Hinfahrt dauerte mehr als dreieinhalb Stunden, das Boot war also für einen ganzen Tag zu chartern. Die Israelis favorisierten das Boot des Mannes aus Manila, nicht nur, weil sein Boot schöner war, sondern auch, weil er ein günstiges Angebot machte. Die beiden setzten sich durch, denn so wichtig nahm ich die Sache nicht, obwohl ich nicht wie das Paar glaubte, die Warnungen der Fischer seien Konkurenzneid. Doch konnte ich diese Möglichkeit auch nicht ausschließen. Als ich unsere Entscheidung bekannt gab, wünschten uns die Fischer eine gute Fahrt, sie hofften, wir würden glücklich und lebend zurück kommen...
Am nächsten Morgen brachen wir auf. Als wie um die kilometerweit vorspringende Felswand gebogen waren, welche linker Hand die Bucht begrenzte, und den Schutz einiger vorgelagerter Inseln passiert hatten, bot sich uns der gleiche Anblick wie bei der Rückfahrt von El Nido. Auch hier führte der Weg nahe an einer Steilküste entlang, und auch die Wellen waren über zwei Meter hoch. Angst hatten wir jedoch keine, die bisher erlebte Kunst der philippinischen Seeleute wiegte uns in dieses Sicherheitsgefühl. Auch wenn ich leise das Gefühl hatte, daß der Skipper und sein Begleiter die Wellen nicht so perfekt meisterten wie die anderen Seeleute, kamen wir doch glücklich und ohne Zwischenfälle am Anleger der Parkstation an.
Hier unterhielten wir uns zunächst mit den beiden Parkwächtern. Sehr weit könne man zu dieser Jahreszeit nicht in die Höhle fahren, meinten sie, als wir uns zum Höhleneingang begaben. Am türkisgrünen Wasser des Flüsschens, welches in unmerklicher Strömung aus der Höhle floss, herrschte nun wirklich eine fast paradiesisch zu nennende Stimmung - bis ich erfuhr, daß Haie im Höhlensystem herum schwammen. Zwar nur kleine, ungefährliche, aber wo kleine sind, kann auch mal ein großer vorbei schauen, und der Einbaum, mit dem wir die Höhle anschließend befuhren, hatte keine Ausleger. In Höhlen fühle ich mich sowieso nicht sonderlich wohl, und dann noch das Haiverseuchte Wasser unter mir...
In der St. Paul Cave, durch welche der Underground River floss - das gesamte Höhlensystem sollte noch gar nicht ganz erforscht sein - lebten aber nicht nur Tiere im Wasser, sondern auch Fledermäuse und sogar Vögel, welche sich ebenfalls durch Schallsignale orientierten. Die ganze Höhlenfahrt dauerte allerdings nicht viel länger als eine halbe Stunde.
Anschließend forderten die Parkwächter eine Spende, welche sie von mir auch erhielten.
Der Nationalpark war nicht sehr groß, genau genommen war er eigentlich viel zu klein - nur ein paar Dutzend Quadratkilometer. Denn obwohl Palawan damals nur sehr dünn besiedelt war, war der Verschleiß der natürlichen Ressourcen ungeheuer. Schon wenn man auf den Straßen fuhr, sah man gelegentlich von den Hügeln, welche oft noch Dschungel trugen, Rauch aufsteigen. Das ganze Ausmaß der Naturzerstörung wurde mir aber erst bei meinem Rückflug über dem Norden von Palawan offenbar. Auf dem Hinflug war alles wolkenverhangen gewesen, jetzt aber war die Luft klar. Nein! Klar war sie nicht, denn überall, auf der ganzen Insel, stiegen Rauchsäulen zum Himmel. Auch die Urwaldflächen, welche mir vom Boden aus noch recht bedeutend erschienen waren, machten nur noch kleine Reste aus. Oft sogar waren nur noch die Spitzen der Berge und steilen Hügel mit Wald bestanden, der Rest der Fläche waren Felder oder verkohltes Gelände. Ich war entsetzt! Die philippinische Regierung unternahm gar nichts, um diesen Raubbau auf Palawan, das viele endemische Tierarten beherbergte, unter Kontrolle zu bekommen. Im Süden der Insel hatte es zwar noch mehr Urwald, so schien es mir jedenfalls, als wir dann später von Puerto Princesa aus in den Süden nach Quezon fuhren, doch auch dort begann der Raubbau, wie mir der Mann unserer Wirtin in der Inselhauptstadt, Mister D., berichtete. Mister D. kam als Handelsvertreter auf der ganzen Insel herum. Das hinderte das Ehepaar aber nicht, ihre Pension aus dem streng geschützten, illegal geschlagenen, dafür aber äußerst haltbaren und widerstandsfähigen Holz eines seltenen Urwaldbaumes zu erbauen.
Die Rückfahrt nach Port Barton begann zunächst lustig. Die Israelis hatten beide, ich weiß nicht mehr wo, aber sie hatten es uns erzählt, Stoffkäppis erworben, auf welche sie sehr stolz waren. Warum, das weiß ich nicht, ich fand, die Dinger hatten große Ähnlichkeit mit den Nachtmützen von alten Damen, welche in langen Nachthemden in manchen Stummfilmen aus den zwanziger Jahren herumgeistern. Doch hütete ich mich, eine entsprechende Bemerkung zu machen. Als wir nun um die erste Felsnadel bogen, summierte sich der Fahrtwind mit dem entgegenkommenden auflandigen Wind und die Nachtm-, sorry, der Hut des Israelis flog in großem Bogen ins Wasser.
"Halt! Halt! Sofort umdrehen!"
Lautete sein Befehl. Der Skipper reduzierte zwar etwas die Geschwindigkeit, machte aber keine Anstalten um zukehren. Ich konnte mich nicht umdrehen, denn ich hatte große Mühe, nicht lachend loszuprusten. Aber ich glaube, meine Heiterkeit blieb nicht ganz unbemerkt.
"Weshalb drehst du nicht um? Mein Hut, den will ich wieder haben!"
"Sir, ein Boot ist kein Auto, hier kann man nicht so einfach umdrehen!"
Der Mann hatte zweifellos recht. Eine Kursänderung zur Umkehr hätte uns bei diesen Zwei-Meter-Wellen zweifellos in eine sehr gefährliche Lage gebracht. Das musste auch der Israeli zugeben, obwohl ihn der Verlust sehr wurmte.
Die Wellen waren durch den aufgekommenen Wind noch höher als vorher geworden, wie mir schien. Zwar wusste unser Skipper ja, daß ein Boot kein Auto war, aber die Wellen überforderten ihn jetzt merklich. Ein paar Mal nahm er zu spät das Gas weg, und das Wasser stieg ziemlich hoch an den Bootsrand. Bei einer der Wellen wurde die Sache brandgefährlich. Wir mussten die ganze Zeit parallel zu den Wellen fahren und durch ein falsches Anschneiden dieser Welle in Verbindung mit falschem Gasgeben stieg das Wasser entlang der gesamten Bootslänge bis auf weniger als 5 Zentimeter unter den Bootsrand. Hätte es übergeschwappt, wäre unser Boot auf der Stelle gesunken, der schwere Motor hätte es in die Tiefe gezogen, denn bei diesen Wassermassen wäre das Innere in Sekundenbruchteilen vollgelaufen. Ich warf dem Skipper einen zornigen Blick zu, und er begann blöde zu lachen, wobei er eine Bemerkung zu seinem Hiwi über den ängstlichen Europäer machte. Rechter Hand befand sich in etwa 300 - 400 Meter Entfernung die fast senkrechte Steilküste. Was passiert, wenn Zweieinhalb-Meter-Wellen auf senkrechten Fels treffen, kann man sich leicht vorstellen...
Die Fischer in Port Barton fragten natürlich meine Freundin, wie es gegangen war. Ich ließ mir das übersetzen und gab meinem Zorn über den depperten Skipper freien Raum, vor allem weil er trotz der gefährlichen Situation so blöde gelacht hatte. Als die Fischer die Geschichte mit der Welle hörten, machten sie bedenkliche Gesichter, erkundigten sich bei meiner Freundin ob das denn wirklich so war und fragten mich dann, ob ich denn noch einmal mit dem Mann fahren würde.
"Unter keinen Umständen, das war wirklich lebensgefährlich!"
Jetzt hielten sie eine Beratung ab, meine Freundin drängte mich aber, wir sollten heute unsere Lodge nicht mehr verlassen und morgen unbedingt mit dem ersten Jeepney nach Puerto Princesa fahren. Diesen Rat befolgte ich, es war sowieso unser Plan gewesen, hier bald abzureisen. Deshalb verabschiedeten wir uns an anderen Morgen von dem Paar, mit dem wir die letzte Zeit verbracht hatten und fuhren zurück nach Puerto Princesa.
Von Puerto Princesa aus besuchte ich dann, wie bereits erwähnt, Quezon im Süden von Palawan. Da ich aber dort keine Fotos machte, enden hier meine Fotoberichte aus den Philippinen. Warum ich im Süden keine Fotos machte, das kann ich heute nicht mehr sagen, denn erstens waren noch genügend Negative übrig um sogar noch zurück in Manila damit zu fotografieren, zweitens hätte ich in Puerto Princesa mit Sicherheit einen Film erstehen können. Und Fotomotive fallen mir im Nachhinein auch genügend ein. Etwa der Kea, oder wie auch immer diese große schwarze Vogelart mit dem riesigen Schnabel hieß, dem ich deutsche Schimpfwörter beibrachte, oder das völlig verängstigte Jungtier einer endemischen Art, die es nur auf Palawan gibt und dessen Mutter von skrupellosen Jägern getötet wurde, um das Junge der unter strengem Schutz stehenden Art für fünf Mark Touristen wie uns anzubieten, oder auch unsere auf Pfählen im Meer stehende Unterkunft, in der höchst zwielichtige Gestalten verkehrten...
Eines aber ist klar, den fast zweimonatigen Aufenthalt auf den Philippinen habe ich niemals bereut!