Reiseberichte | ||
Reise-Informationen | ||
Thailand - Asien |
Von Rayong nahm ich den direkten Bus nach Bangkok. Diesmal endlich fuhr ich zur Khao San, um mich dort in den zahlreichen Gästehäusern nach einer Unterkunft umzusehen. Die Zahl der jungen Touristen in Bangkok hatte sich seit meinem letzten Besuch im Jahr 1980 vervielfacht, und in der ganzen Khao San und in den umliegenden Straßen lag Restaurant an Restaurant, viele davon mit angeschlossenem Gästehaus.
Etwas entfernt dieser Straße fand ich in einer Parallelstraße zum Fluß eine annehmbare Lodge, in der ich mich einquartierte. Diesmal ließ ich mir in der thailändischen Hauptstadt etwas länger Zeit.
In nicht allzu weiter Entfernung von meiner Lodge war eine Anlegestelle der billigen Expressboote auf dem Chao Phraya und ich besuchte zweimal mit ihrer Hilfe indische Restaurants in der Nähe des GPO, da ich diese Küche sehr schätze.
Per Bus fuhr ich auch in eins der vielen deutschen Restaurants um mal wieder heimisch zu essen. Dort kam ich mit einem älteren Schweizer ins Gespräch, der schon viele Jahre in Asien lebte, hauptsächlich in Hongkong und Thailand. Er war Geschäftsmann und nicht etwa einer der vielen Wichtigtuer, die einem Unbedarften alle möglichen Bären aufbinden, wie ich bald merkte. Von ihm erfuhr ich auch die Bedeutung der vielen etwa 12 Meter hohen blechernen Türme, die ich im Landesinneren so oft gesehen hatte. Diese waren mit Sand gefüllt, auf den Behälter an der Spitze wurde das qualitativ nicht sehr gute, weil knapp unter der Oberfläche liegende Grundwasser gepumpt und sickerte langsam durch die vielen Meter reinigenden Sand, unten konnte man dann das saubere Trinkwasser entnehmen.
Um benachteiligte Regionen zu fördern, war Thailand damals in drei verschiedene Steuerzonen aufgeteilt, und der Schweizer plante zusammen mit einigen Freunden, einen Betrieb, der arbeitsintensive Produkte herstellen sollte, in einer der günstigen Steuerzonen zu gründen um im Alter noch einmal eine sinnvolle Beschäftigung zu haben.
Zu Fuß war von meinem Quartier aus ein großes neues Kaufhaus mit einem guten Selbstbedienungsrestaurant zu erreichen, welches auch solche thailändische Speisen bot, die ich noch nie probiert hatte. Vom Restaurant hatte man eine hervorragende Aussicht auf Bangkok und man konnte sehen, daß die alten Viertel mit den niedrigen Häusern in traditionellem Stil bereits nur noch kleine Inseln im Meer der neuen, großen und profitablen Gebäude waren.
Auch besuchte ich einige Tempel und das Nationalmuseum, das ich bei meiner ersten Reise ausgelassen hatte, sowie eine Ausstellung mit moderner thailändischer Malerei. Kurz, endlich hatte ich wieder eine gute Beziehung zu Bangkok geknüpft und genoß den Aufenthalt und das kulturelle Angebot der Metropole. Aber mein Urlaub war noch nicht zu Ende, ich hatte noch mehr als zwei Wochen, und so begab ich mich zum südlichen Busterminal.
Bei meiner ersten Reise hatte ich die weltberühmte „Brücke am Kwai“ bewusst ausgelassen, da ich dort zu viele Touristen vermutete. Heutzutage war ich nicht mehr so menschenscheu und so setzte ich mich in den Bus nach Kanchanaburi am 'River Kwae Noi'.
Hier war das Besondere, daß es auch auf im Fluß schwimmenden Flößen Häuser gab und das gemütliche Guesthouse, in das ich mich einmietete war ein solches Floß, bzw. eine Gruppe von Flößen.
Ich sah mich dann zunächst in dem Städtchen um und entdeckte mein neues Stammrestaurant. Dieses wurde mein Lieblingslokal, weil mich die verwitwete Pächterin, die etwas jünger als ich war, in ihr Herz geschlossen hatte.
Als erstes der berühmten Stätten besichtigte ich das kleine Museum im Ort, das Relikte von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern ausstellte, die zu Tausenden beim Bau der berüchtigten Bahnstrecke nach Burma jämmerlich krepiert waren.
Am nächsten Tag wollte ich dann zur berühmten Brücke über den Kwae Noi fahren, doch wieder gab es Ärger mit den Pickups, deren Fahrer unverschämte Preise für die kurze Strecke verlangten und so ging ich die etwa 4 Kilometer eben zu Fuß auf dem schmalen Weg entlang des Flußes. Dieser führte erst durch den Hof eines Klosters und verlief dann zwischen, mit Gärten versehenen, einzeln stehenden Holzhäusern. Die Brücke selbst war eben eine schmale Eisenbahnbrücke, nicht mehr und nicht weniger. Die originale Brücke war durch einen Luftangriff zerstört und später wieder aufgebaut worden . Als ich in der Mitte der Brücke war, näherte sich langsam ein pfeifender Zug, doch konnte man sich auf mehreren Erkern in Sicherheit bringen.
Auf dem Rückweg rief mich aus dem Garten eines Guesthouses ein Thai an, ob ich nicht auf ein Bier bei ihm einkehren wolle, ich sähe durstig aus. Es war schon später Nachmittag und ein Bier zur Stärkung konnte nicht schaden. Einem bei ihm sitzenden Ami erklärte er, ich sei ganz sicher Deutscher und ich fragte ihn, wie er darauf käme.
„Wenn man einen Spaziergänger fragt, ob er Bier trinken wolle, und der sagt sofort ja, dann ist das mit Sicherheit ein Deutscher!“ meinte er, halb an den Amerikaner gewandt.
Sein Gästehaus veranstaltete auch mehrtägige Bootsfahrten auf dem Fluß und wir unterhielten uns etwas über Deutschland und die Wiedervereinigung, bevor ich mich wieder auf den Weg machte.
Es wurde irgendein buddhistisches Fest gefeiert. Von meinem Guesthouse im Süden der Stadt aus gesehen war eines Abends nördlich des Klosters in Richtung der Brücke ein großer Platz mit Lampions erleuchtet und Musik war aus der Ferne zu hören. So machte ich mich mit meiner kleinen Mag-Light auf, zu sehen was es da gab. Jedoch im Hof des Klosters waren die etwa kniehohen Hunde bei Nacht nicht so friedlich wie am Tage. Einer dieser Burschen stellte sich mir sogar knurrend und zähnefletschend in den Weg. Er kam aggressiv mit kurzen Schritten näher, ich musste handeln, wenn ich nicht gebissen werden wollte. Thailand hatte damals weltweit die höchste Zahl an Tollwut-Todesfällen. Ich hatte nur Gummilatschen an den Füßen und blieb stehen um seinen Angriff abzuwarten, indem ich die Lampe mit dem stabilen Aluminiumgehäuse fest in meine Faust nahm. Als Kind hatte ich natürlich öfters Erfahrungen mit Hunden gemacht, in den Sechziger Jahren waren scharfe Hunde auf dem Land noch der Normalfall. Als sich der Ton seines Knurrens leicht erhöhte, war Zeit zu handeln. Richtig, der Hund war zum Angriff übergegangen und kam damit auch in meine Reichweite. Blitzschnell war ich mit einem Knie zu Boden gegangen und schlug dem Köter das batteriebeschwerte Ende der Lampe senkrecht mit aller Kraft auf die empfindliche Schnauze. Da in der letzten Sekunde jedoch der Lichtstrahl der Lampe natürlich in den Himmel leuchtete, hatte ich schlechtes Zielen und ich traf die Schnauze nicht genau mittig. Glücklicherweise reichte der verabreichte Schmerz trotzdem aus, daß die Töle jaulend entfleuchte.
Nach diesem Abenteuer mit wilden Tieren erreichte ich den Festplatz. Das Fest war religiöser Natur. Vor einem Tempel standen dichtgedrängt die Menschen und schweres Räucherwerk lag in der Luft. Ich trat näher und wurde in das Innere vor den Altar geschoben. Ein Mönch nahm sich meiner an, ich solle gegen eine kleine Spende etwas Räucherwerk entzünden und vor dem Altar mit der Buddhastatue in die Halter stecken.
„Aber ich bin doch kein Buddhist!“
„Das macht nichts, das wird dir Glück bringen!“
Also tat ich wie geheißen und verließ dann den Tempel, nachdem ich noch einige Minuten den Gläubigen zugeschaut hatte. Draußen gab es weltliche Vergnügungen, so zum Beispiel ein Freilicht-Kino, und thailändische Schlagermusik dröhnte aus riesigen Lautsprechern. Buddhisten sehen die Welt eben etwas lockerer als Anhänger anderer Religionen.
Am Bahnhof erstand ich ein Ticket für eine Fahrt auf der „Todesbahn“. Alle Passagiere des Zuges waren Touristen, thailändische und natürlich auch Ausländer, der Film hatte ja die Bahn in aller Welt berühmt gemacht. Die Bahnstrecke führte als quasi „Museumsbahn“ etwa 80 Km nach Nam Tok, der Rest der Stecke nach Burma, über den „Drei Pagoden Paß“, war schon seit Jahrzehnten stillgelegt. Die zweistündige langsame Fahrt war durchaus lohnend, die Stecke führte manchmal hart am River Kwae Noi dicht an steilen Felswänden entlang und verlief teilweise abenteuerlich auf hölzernen Stützpfeilern. Auf den dschungelbedeckten Bergen der anderen Talseite zog sich die Grenze zu Burma hin. Die etwa eine Mark Fahrgeld waren gut angelegtes Geld.
Mit einem Pickup besuchte ich von Nam Tok aus die Wasserfälle von Khao Phang. Diese Wasserfälle sollten besonders zur Regenzeit sehr schön sein, doch auch jetzt in der Trockenzeit stürzte ein hübsches Bächlein vom Fels. Der Mensch trug zur Verschönerung der Szenerie bei, indem alte Ölfässer an den Fels gestellt wurden und das Wasser mit Hilfe von Blechen in diese geleitet wurde. Jene dieser Fässer, die schon länger hier standen, hatten sich mit einer sehr dicken, mit Pflanzen bewachsenen Sinterschicht überzogen.
Mit dem letzten Zug fuhr ich dann zurück nach Kanchanaburi. Der Zug begann sich zu füllen und mir gegenüber nahm ein älterer, etwas fülliger Mönch Platz. Einige Zeit darauf stieg eine Gruppe älterer Amerikaner ein, da es nicht mehr genügend zusammenhängende Plätze gab, war eine der Amerikanerinnen ziemlich erfreut, sich neben einen Mönch setzen zu können. Ich wagte es, sie darauf hinzuweisen, daß es Frauen nicht erlaubt ist, einen Mönch zu berühren, da dieser sich sonst einer aufwendigen Reinigungszeremonie unterziehen müsse. So suchte sie sich einen anderen Platz, doch schien mir jetzt, daß der Mönch das etwas bedauerte, vielleicht hatte er schon Touristinnen berührt und die Reinigung war sowieso fällig. Oder gar, er nahm es damit am Ende nicht so genau.
Das nächste Mal würde ich meine Klappe halten!
Ich musste mich auch einmal im Restaurant meines Guesthouses sehen lassen, sonst hielt man mich am Ende noch für bereits verstorben. Mein Floß lag nämlich abseits, nahe am Ufer und der Steg zu diesem zweigte schon vor dem Restaurant vom Hauptsteg ab.
Wie in Asien in Privathäusern üblich, schlüpfte ich vor dem Eintritt aus den Latschen und entdeckte eine mit Kissen gepolsterte unbesetzte Ecke, wo ich mich niederließ. Die jungen Gäste, alle nur wenig älter als Zwanzig, betrachteten mich verwundert. Die Ecke war direkt neben der „Theke“ und jetzt wurde mir klar, daß das der gewöhnliche Sitzplatz der Familie des Besitzers war. Die Tochter des Hauses kam und fragte nach meinem Begehr. Ob ich denn den falschen Platz gewählt hätte, fragte ich.
„Nein, nein!“
Ich nahm eine Kleinigkeit zu mir und hatte währenddessen die Unterhaltung meiner jungen Bedienung, welche sich zu mir setzte. Weshalb man mich denn so selten sehe, was ich getrieben und besichtigt hätte etc.
Nachdem ich gegessen hatte, brachte sie eine dickbauchige Flasche mit rötlichem Inhalt. Ich hatte solchen Schnaps schon öfter auf Märkten gesehen, jedoch noch nie probiert, da immer nur große Flaschen dieses Sprits verkauft wurden, von dem es keine sogenannten „Flachmänner" gab.
Ob ich mit ihr einen trinken wolle?
„Ja klar, doch weshalb ist das Zeug so rot? Ist das Gift?“
„Nein, das sind Beeren“, lachte sie.
„Cheers!“
„Prost!“
Ich pflege Schnaps zu kippen und das tat ich auch jetzt. Daß das keine gute Idee war, konnte ich an ihrem erschrockenen Gesicht ahnen, schon bevor ich es spürte.
„Wie viele Prozent? Achtzig?“
Krächzte ich, nach Luft ringend.
„Nein Sechzig“, erwiderte sie belustigt.
Der Schnaps war zwar sehr stark, aber im Geschmack gar nicht so übel und so schlug ich etwas später das zweite angebotene Standbein nicht aus.
Nachdem ich noch den großen Friedhof mit den Gräbern der Kriegsgefangenen besichtigt hatte, machte ich mich vom verschlafenen Bahnhof Kanchanaburi's aus auf den Weg nach Süden. Da die Stadt interessanter und die Gegend reizvoller war als gedacht, war ich länger als geplant hier geblieben und sollte ich je eines Tages nach Thailand auswandern, ließe ich mich wohl in dieser gemütlichen Gegend irgendwo nieder.