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Thailand - Asien |
Nach drei Tagen in Si Chiang Mai setzte ich mich in einen Bus nach Loei. Doch nicht allzulange und ich überlegte mir ernsthaft, ob ich nicht wieder irgendwo aussteigen sollte.
Verantwortlich für meinen Sinneswandel war die grandiose Szenerie. Die Straße folgte der bergigen Landschaft dem Mekong aufwärts. Besonders phantastisch waren die Stromschnellen, die auch jetzt, bei Niedrigwasser, einen gewaltigen Eindruck machten. Ein kleines Schiff fuhr gerade zwischen den Felsen hindurch, wie ein Spielzeugschiffchen in einem munteren Bergbach hob und senkte es sich und verschwand mit enormer Geschwindigkeit hinter großen Klippen, um kurz danach wieder aufzutauchen. Zumindest aus der Ferne wirkte das gefährlich. Die ganze Szenerie mit den Bergen im Hintergrund erinnerte mich an stimmungsvolle alte chinesische Malereien.
Nach längerer Fahrt bog die Straße links vom Mekong ab und führte durch bergige Landschaft nach Loei. Diese Kreisstadt entsprach in der Größe etwa einer ebensolchen mittelprächtigen deutschen Stadt.
Viele der traditionellen Holzhäuser waren, wie in allen Städten in Thailand, bereits durch moderne Häuser ersetzt, und der Umbau ging weiter. Die neuen Häuser brachten vielerlei Vorteile, nicht nur bei Feuersbrunst, doch ist es immer schade, wenn ein Stück uralter Tradition und Baukunst verschwindet.
Ich war zu diesem Zeitpunkt hierher gekommen, da ich erfahren hatte, daß hier ein „Festival der Baumwoll-Blüte“ stattfand. Trotz des Festes gab es noch genügend freie Hotelzimmer und nur eine Handvoll westlicher Touristen waren während meines Aufenthaltes in den Straßen zu sehen. Loei lag ja auch immer noch abseits der touristischen Hauptrouten.
Halbkenner des Landes betrachten vor allem das Blumenfest in Ciang Mai, im Norden des Landes, als Fest für die Touristen, weil natürlich dort zu dieser Zeit auch besonders viele von diesen zu finden sind. Doch das ist in etwa so, als würde man einem Bayern sagen, das Münchener Oktoberfest sei eine Veranstaltung für Touristen, nur weil von Jahr zu Jahr mehr Touristen dieses Fest besuchen.
Am Tag des Umzugs herrschte natürlich reges Gedränge in den Straßen des Zentrums. Die Thais lieben genau wie die Deutschen derartige Feste und Umzüge, die überall im Land, oft von den Touristen unbemerkt, veranstaltet werden.
Musikkapellen in roten Uniformen, Fahnen und Spruchbänder tragende Gruppen von Mädchen und Jungen in traditionellen thailändischen Kostümen, bunt geschmückte Wagen mit Götterfiguren und schönen Frauen an Bord, in Gruppen tanzende junge Mädchen, auf Sänften getragene Prinzen paradierten an den Zuschauern vorbei, von denen sich viele, wenigstens der Frauen, mit Schirmen gegen die Sonnenstrahlen schützten.
Große Belustigung rief bei den Zuschauern und Akteuren ein kleines Mißgeschick zweier Blumenträger hervor, deren Vase zu Boden stürzte.
Auch eine Gruppe von Jungen näherte sich, eine Horde „Neger“ darstellend. In schwarzem, eng anliegendem Kostüm, das Gesicht vermutlich mit Schuhcreme, schwarz bemalt und mit von Lippenstift überzeichneten Lippen versehen. Einen Lendenschurz und Knochenimitationen tragend und sogar mit unter der Nase verklebten kleinen Knochen tanzten sie unter ihren Perücken vorbei. Ein Bild, wie sie Hollywood in den Dreißigern von den „Wilden“ in Afrika zeichnete. In Deutschland hätte eine solche Gruppe vermutlich selbst zur Fastnacht Proteste hervorgerufen, doch in Loei ging man die Sache munter und naiv unschuldig an.
Um die Ähnlichkeit mit einem deutschen Schützenfest perfekt zu machen, gab es auch einen Festplatz. Dort hatten Schausteller ihre Buden aufgeschlagen und natürlich war auch für das leibliche Wohl gesorgt.
Doch bekam ich hier mal wieder einen asiatischen Schock. In großen Glasbehältern waren, in Formalin konserviert, schrecklich verunstaltete Fehlgeburten ausgestellt. Neugierig betrachtet von Snacks oder Süßigkeiten zu sich nehmenden Thais, und zwar nicht nur Erwachsenen, sondern auch von Kindern. Vermutlich wollte das hiesige Provinz-Krankenhaus auch etwas zur Volksbelustigung beitragen.
Eilig verließ ich diese Stelle.
Abends besuchte ich den Festplatz erneut, um Bier zu trinken. Bei dieser Tätigkeit lernte ich einen Thai kennen, mit dem ich mich angeregt unterhielt. Er war Polizist und wir tranken zusammen. Er müsse morgen leider früh aus den Federn, denn sie hätten den Auftrag, am nächsten Morgen oben an der Grenze einen Rauschgifthändler auszunehmen. Dafür hatte er allerdings ein gutes Sitzfleisch und er trank einen „Mekong“-Schnaps nach dem anderen.
Doch wollte ich nicht den ganzen Abend mit meinem anhänglichen Trinkgenossen verbringen und so verabschiedete ich mich, es war schon nach 23 Uhr, ich sei müde und wolle ins Hotel zurück. Leider ließ sich der Polizist nicht davon abbringen, mich mit seinem Moped zu fahren. Notgedrungen setzte ich mich mit aufs Moped. Die Straßen waren völlig leer, doch hielt er an jedem Stoppschild.
„Go on, there is no police!“
Er begann zu lachen.
„I´m the police!“
Loei hatte ein Netz von Einbahnstraßen und dies ermöglichte es mir, mit dem Hinweis, wenn er mich ganz an mein Hotel bringe, müsse er einen Umweg fahren, während es zu Fuß doch so nahe sei, das Gefährt zu verlassen.
Dankend verabschiedete ich mich, um wieder den Festplatz zu besuchen, sobald er außer Sicht war.
Diesmal suchte ich eine andere Örtlichkeit auf und fand schnell wieder Kontakt. Doch wer trat da herein?
Mein Polizist! Natürlich sprach er mich an.
Peinlich, peinlich.
Ich unternahm einen Ausflug per Bus zur Erawan Höhle. Mein Fahrzeug hielt an der Hauptstraße, von der ein staubiger ungeteerter Weg abzweigte. Der Fahrer des dort wartenden Pickups verlangte einen unverschämten Preis von mir, von Passagieren hatte ich erfahren, daß die Höhle nur etwa vier Kilometer entfernt war und so trat ich ohne lange Verhandlung den Fußmarsch zur Höhle an. Zwar hüllte mich das vorbeifahrende Pickup in eine rote Staubwolke, doch war das eine Frage der Ehre. Den thailändischen Fahrgästen wurde mit Sicherheit nur ein Bruchteil des von mir geforderten Preises abverlangt. Weshalb sollte ich einen überteuerten Preis bezahlen, nur weil ich Ausländer war? Der Weg führte durch eine mit Feldern, Bananenpflanzungen und einzelnen Bäumen bestandene schöne Ebene, aus der vereinzelt stehende, spärlich bewachsene Felsen von teilweise erheblicher Größe ragten.
Die Höhle befand sich, durch eine große Buddhastatue am Eingang weithin sichtbar gekennzeichnet, auf halber Höhe in einer dieser großen Felsklippen. Im Dorf am Fuße meines Ziels nahm ich in einem der vielen leeren Shops und Restaurants eine Erfrischung zu mir und ein vielleicht 12-jähriger Junge heftete sich mir an die Fersen, „um den Weg zu zeigen“. Ich wollte ihn wegschicken, den Weg würde ich auch alleine finden, doch meinte das Bürschchen, er sei ein freier Mensch und könne sich aufhalten, wo es ihm Spaß mache. Die Runde ging an ihn, doch erklärte ich ihm, Geld brauche er von mir nicht zu erwarten.
Wer meine Webseiten aufmerksam gelesen hat, kennt mein Handicap und so ist es wohl verständlich, daß mir der Aufstieg auf dem steilen Weg in der Hitze enorm schwer fiel und von etlichen Pausen unterbrochen war.
Endlich war das Ziel erreicht und ich flüchtete mich in die Kühle der Tropfsteinhöhle, um mich dort niederzusetzen und zu erholen. Es waren außer uns kaum Besucher vorhanden. Der Junge gedachte jetzt seine Nützlichkeit zu erweisen und holte eine kleine Taschenlampe hervor. Ich hatte außer meinem kleinen Fotoapparat scheinbar nichts dabei und so staunte er, als ich eine lichtstarke Mag-Light aus der Tasche zog. Per Selbstauslöser fotografierte ich uns. Die Höhle hatte außer ihrer angenehmen Temperatur und ihren vielen Tropfsteinen nichts besonderes zu bieten und auch der Buddha am Eingang und die kleineren Figuren in der Höhle waren nicht gerade künstlerisch besonders wertvoll, doch schon allein der Blick über die Ebene lohnte einen Besuch.
Als wir wieder aus der Höhle traten, verlangte der Junge einen Lohn. Ich hatte mich insgeheim schon damit abgefunden, doch erlaubte ich mir den Spaß, ihm zu sagen, er sei doch ein freier Mensch, der gehe wohin er wolle und so könne ich nichts dafür, wenn er mir folge. Folglich könne er auch nichts von mir erwarten. Er wurde wütend und fühlte sich ungerecht behandelt. Seine Wut hatte allerdings zur Folge, daß ich mir jetzt ernsthaft überlegte, ihn leer ausgehen zu lassen. Bevor es allerdings zu weit ging, gab ich dem jungen Geschäftsmann ein paar Baht. Vor einem Dutzend Jahren hätte ich das allerdings nicht getan, doch obwohl ungefähr ab jetzt mein unbezahlter Urlaub begann, brauchte ich nicht zu sparen, denn das Leben in Thailand war trotz Hotel und Verköstigung in Restaurants bei weitem billiger als in Deutschland.
Mit den jetzt schadenfroh grinsend und feixenden Kerlen, welche die Kleinbusse chauffierten, hatte ich es mir verscherzt, so winkte ich ihnen nur lächelnd zu und machte ich mich dann wieder per pedes auf den Rückweg. Doch nicht weit, dann kam ein Pickup gefahren und hielt an. Die Passagiere, fünf Mönche in orangen Roben, forderten mich auf einzusteigen und kostenlos wurde ich an die Straße mitgenommen. Sie hatten nämlich, im Schatten von Bäumen auf ihre Abfahrt wartend, die Reaktionen der Fahrer auf mich beobachtet. An der Hauptstraße gab es ein offenes Wartehäuschen in der Art eines Pavillons, unter dessen Schatten wir uns niederließen. Die jungen Mönche waren aus Bangkok und studierten an der dortigen buddhistischen Universität, die außer der theologischen auch naturwissenschaftliche Fakultäten hatte. Wir mussten etwa eine dreiviertel Stunde warten bis ein Bus kam, sie wollten ebenfalls nach Loei und so hatten wir genügend Zeit für eine Unterhaltung über Gott und die Welt. Na ja Gott, einen solchen gibt es im eigentlichen Sinn im Buddhismus bekanntlich ja nicht. Jeder männliche Thai ist in seinen Jugendjahren eine zeitlang Mönch, das erklärt die große Zahl der Kuttenträger in diesem Land.
Der Bus kam und wir stiegen ein, respektvoll räumten einige Thais die letzte Bank im Bus für die Mönche und ich fand einen freien Platz einige Reihen davor. Der Boy stieg hinten ein und begann von dort aus zu kassieren, an mir ging er jedoch vorbei, und verwundert, daß er den Weißen übersehen konnte, zupfte ich ihn am Hemd, doch er deutete auf die Mönche, einer von ihnen hatte für mich bezahlt.