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Hippie Trail - Asien |
Die erste richtige Rast legten wir in Peshawar ein. Beim Einparken platzte an unserem Bus ein Reifen. Sofort versammelte sich eine gaffende Menschenmenge um unseren Bus. Es dauerte nicht lange und eine Patrouille mit aufgepflanztem Seitengewehr tauchte auf, um die Menge zu zerstreuen.
Nach kurzer Zeit war jedoch erneut eine, diesmal etwas kleinere Menge um uns versammelt, ich mitten unter den Neugierigen. Plötzlich stand neben mir ein mit seinem Knüppel wild um sich dreschender Polizist, der die ganze kreischende Menge blitzschnell auflöste.
Unser Bus wurde auf dem Parkplatz repariert, der sich kurz vor einer Ampel befand. In unbestimmten Zeitabständen fuhren dort mit Zuckerrohr beladene und von Treckern gezogene Wagen vorbei, wahrscheinlich befand sich in der Nähe eine Zuckerfabrik. Diese Wagen wurden von Teenagern belauert, die in einem günstigen Augenblick, wenn die Trecker anhielten, versuchten eine Zuckerrohrstange zu ergattern. Dies suchten die an der Kreuzung stehenden Polizisten zu verhindern, indem sie die Teenager jagten. Ein paar Mal hatten die Jungen Glück, bis ein johlender Volksauflauf unsere Aufmerksamkeit erregte. Die Polizisten hatten einen der Zuckerrohrdiebe, einen etwa 18-Jährigen, erwischt. Nun folgte ein entwürdigendes Schauspiel. Dem armen Tropf wurden vor dem ganzen Pöbel die Hosen ausgezogen und eine fürchterliche Tracht Prügel mit einem Knüppel verabreicht. Dann wurde er, noch immer ohne Hosen (sein langes Hemd hatten sie ihm gelassen), über die Straße gejagt. Seine einstigen Diebeskumpanen folgten, hohnlachend seine Pluderhose hinter ihm her tragend.
Während der Reparatur waren einige von uns auf dem Bazar gewesen und brachten bis dahin nie gesehene Früchte wie Mangos, Khakis und andere mit zurück. Eigentlich hatte der Busfahrer hier gehalten, um in einem Hotel an der Straße zu essen und uns dort übernachten zu lassen. Doch selbst wenn der Fahrer im Bus schlief, erschien das zu unsicher und unsere Managerin beschloß, daß der Bus weiterfahren sollte.
Den Rest von Pakistan durchquerten wir Nonstop. Am 16. November passierten wir die indische Grenze.
Erst im indischen Amritsar machten wir eine eintägige Pause. Als erstes wurde in unserem Hotel natürlich gegessen, gutes indisches Curry mit Reis, das erste Essen seit der Türkei das mir richtig gut schmeckte. Auch der hygienische Standard in Indien war nicht mit dem in Afghanistan zu vergleichen, wenngleich von europäischen Normen weit entfernt. Wir schliefen auf dem Rasen des umzäunten und mit einer Hecke versehenen Garten's unseres kleinen Hotel´s, da das fast nichts kostete und die Zimmer nicht für alle ausreichten, es war ja warm. Zwei der Freaks aus Deutschland hatten sogar ein Zelt dabei, das aufgebaut wurde.
Am nächsten Tag wurde dann die Stadt besichtigt und der "Goldene Tempel", das Heiligtum der Sikh´s besucht. Wir mußten den Kopf bedecken und unsere Schuhe ausziehen, bevor wir durch ein mit Wasser bespültes flaches Becken in das Innere gelangten. Wir waren von dem Bauwerk dieser fremden Kultur stark beeindruckt.
Das Warenangebot in Amritsar war wesentlich umfangreicher und vielfältiger als jenes in Kabul. Auch die Religionen der Sikh's und Hindus wirkten sich positiv auf die Atmosphäre der Stadt aus, die geradezu vor Leben pulsierte. Dieses geschäftige Gewusel in den Städten hatte schon in Pakistan eingesetzt, genau so wie der Anblick der Geier, welche seitdem zu jedem Stadtbild dazugehörten und die manchmal in Gruppen auf den Dächern von Häusern saßen. Ich kaufte mir im Bazar für 20 Dollar geschnitzte Schachfiguren aus duftendem Sandelholz.
Die Kalkulation unserer Reisekasse ergab, daß es nicht anders ging, ich mußte mir Geld nach Kathmandu schicken lassen. Damit ging es uns wie vielen anderen. Das Leben in den orientalischen Ländern war zwar billig, doch war uns von den Leuten in Deutschland, die diese Reise schon gemacht hatten, der benötigte Geldbetrag meist untertrieben gering geschildert worden.
In der Nacht fuhr unser Bus weiter nach Delhi und am gleichen Tag noch setzten wir uns nachts in den Zug nach Lucknow, das wir nach 12 Fahrstunden erreichten. Dort blieben wir für eine Nacht in einem Hotel beim Bahnhof. Die nächste Station auf dem Weg nach Nepal war dann nach etwa 8 Stunden Fahrt Gorakphur. Von dort aus erreichten wir mit einem Bus in weiteren 3 Stunden den nepalesischen Grenzort Sonauli. Das war am 20. November 1977 abends.
Das Konsulat von Nepal in München hatte beim Visumstempel in meinem Pass einen Fehler in der handgeschriebenen Datumsangabe verbessert. Der nepalesische Grenzoffizier wurde mißtrauisch. Er verdächtigte mich, das Datum selbst verändert zu haben. Glücklicherweise hatten Werner und ich die Visa am selben Tag beantragt, sein Datum war aber nicht verbessert. So ließ sich der Grenzoffizier schließlich überzeugen, und klatschte den nepalesischen Einreisestempel in meinen Paß.
In Sonauli übernachteten wir und am anderen Morgen ging es in 12 langen Stunden Fahrt durch die zauberhafte grüne nepalesische Gebirgslandschaft ins 180 Kilometer entfernte Pokhara. Die zum Greifen nahe scheinenden, scharfen Konturen der Eisgiganten des Himalaya leuchteten oft über die Gipfel des Vorgebirges. Die Straße allerdings war nicht gerade zauberhaft, schmal und meist ohne Begrenzung schlängelte sie sich entlang der steile Hänge. Vor jeder unübersichtlichen Kurve betätigte unser Fahrer die Hupe. Kam uns ein Bus oder LKW entgegen, gab auch dieser Signal. Der Bus war mit etwa 130 Nepalesen besetzt, plus einem halben Dutzend Ziegen, die mit einem Teil der Passagiere auf dem Dach mitfuhren. Außer diesen und uns beiden waren auch noch ein paar Freaks aus Frankreich mit in diesem staatlichen Post-Bus.
Häufig wurde eine Rast eingelegt, die Häuser der Bergbewohner waren jetzt oft mit Stroh gedeckt und an den Verkaufsständen konnten wir uns verpflegen. Frisch geröstete Erdnüsse, Früchte und frittierte Teigküchle. Zum ersten Mal lernte ich hier das Wort "Sandala" kennen, so wurde die Mandarine hier genannt.
Werner, ein gelernter Automechaniker, war über den lebensgefährlich desolaten Zustand der Reifen aller Überlandbusse besonders amüsiert - die Götter, und nicht etwa so nebensächliche Dinge wie die Verkehrssicherheit eines Fahrzeugs, bestimmen das Schicksal der Menschen!